30. März 2020
600.000 Arbeitslose: Warum das Arbeitslosengeld dringend erhöht werden muss
Warum höheres Arbeitslosengeld notwendig ist? In der gesamten zweiten Republik hat es noch nie so viele Arbeitslose gegeben wie heute. 400.000 Menschen haben in Österreich vor der Corona-Krise einen Arbeitsplatz gesucht, diese Woche werden es 600.000 sein – das ist ein Anstieg um 50 Prozent in weniger als einem Monat. Das sind gigantische Ausmaße – zum Vergleich: In der Finanzkrise haben rund 60.000 Menschen ihren Job verloren, jetzt ist der Anstieg schon innerhalb der ersten beiden Wochen doppelt so hoch. Und wir stehen erst am Anfang der Krise.
Viele Niedrig-Verdiener betroffen
Betroffen sind vor allem Menschen, die ohnehin schon wenig verdient haben: Jobs wurden vor allem in der Gastronomie, im Handel und im Baugewerbe gestrichen – auch viele private Putzkräfte haben ihr Einkommen verloren. Das Durchschnitts-Einkommen am Bau und im Handel liegt bei rund 1.500 Euro, im Tourismus und der Gastronomie überhaupt nur bei 750 Euro, wie das Moment Institut zeigt. Diese Menschen haben schon Geldsorgen, wenn sie Arbeit haben – wen sie die Arbeit verlieren, reicht es nicht mehr aus, um die wichtigsten Kosten des Lebens abzudecken.
Bei 1.500 Euro netto im Monat bleibt ein Arbeitslosengeld von 825 Euro übrig. Davon ist es schwer die Miete, das Essen und Reparaturen zu bezahlen, geschweige denn Kreditraten auf die Wohnung oder das Haus. Und die Lage ist derzeit aussichtslos: Am Arbeitsmarkt tauchen wenige offene Stellen auf, ein Arbeitsplatz ist für wenige der bald 600.000 Arbeitslosen in Sicht.
15.000 Menschen auf 1.000 Stellen als Regal-Einschlichter beworben
Wie groß die Not bei vielen ist, zeigt der Ansturm auf die wenigen offenen Stellen: Bei der Handelskette REWE haben sich zuletzt 15.000 Menschen zum Einschlichten von Regalen beworben – auf 1.000 Stellen.
Das Moment Institut schätzt, dass im schlimmsten Fall 800.00 Arbeitsplätze in der Corona-Krise gefährdet sind – nur Arbeitsplätze im öffentlichen Sektor und in systemrelevanten Sektoren wie der Gesundheit sind wirklich sicher.
Höheres Arbeitslosengeld: SPÖ fordert 25 Prozent mehr
Die Kurzarbeit rettet Arbeitsplätze, aber vor allem für Fachkräfte in Branchen, die nach der Krise sicher wieder gebraucht werden. Hilfskräfte, Saisonarbeiter oder Leiharbeiter verlieren ihre Arbeit in den meisten Fällen trotz Kurzarbeit – und damit 45 Prozent ihres Einkommens.
ÖGB-Chef Wolfgang Katzian fordert daher in der Pressestunde am Sonntag, das Arbeitslosengeld jetzt deutlich zu erhöhen – „weil viele Leute keine Chance haben, einen neuen Job zu finden.“ Die SPÖ unterstützt den Vorstoß der Gewerkschaft und will noch diese Woche im Parlament ein höheres Arbeitslosengeld verlangen. Die FPÖ dürfte den Vorschlag unterstützen, wie FPÖ-Sozialsprecherin Dagmar Belakowitsch bekannt gab.
Konkret will die SPÖ einen Corona-Ausgleich von 25 Prozent – also das Arbeitslosengeld, die Notstandshilfe und Familienzuschläge sollen zumindest für die Zeit der Corona-Krise um ein Viertel erhöht werden. Die Abwicklung soll unbürokratisch über das Finanzamt laufen – automatisch, ohne Anträge.
Privater Konsum darf nicht einbrechen
Für die Erhöhung den Corona-Aufschlag gibt es auch ein wirtschaftspolitisches Argument: Wie viel Geld die Leute haben, wird darüber entscheiden, wie schnell sich die Wirtschaft erholt. Wifo-Experte Jürgen Bierbaumer-Polly erwartet ein Minus beim privaten Konsum in Höhe von acht Milliarden Euro. Der private Konsum macht insgesamt die Hälfte des Bruttoinlandsproduktes (BIP) aus.
Will man also, dass der Wirt ums Eck, die Friseurin oder die Blumenhändlerin nach der Krise wieder aufsperren, muss man den die Kaufkraft der Leute stärken – was ein höheres Arbeitslosengeld tut.