6. Februar 2020
Aktion 20.000 für ältere Langzeitarbeitslose: Details zum Neustart
WIEN. Die von der türkis-blauen Regierung unter großer Kritik beendete Aktion 20.000 für Langzeitarbeitslose über 50 wird in veränderter Form fortgesetzt. Nun wurden Details vorgelegt. Kritik kommt von der FPÖ.
2020 stehen 50 Millionen Euro zusätzlich für ältere Arbeitslose zur Verfügung. Das wurde bereits vor der Nationalratswahl 2019 auf Antrag der SPÖ zusammen von ÖVP, SPÖ, FPÖ und Liste Jetzt beschlossen. Nun wurden Details bekannt.
Die FPÖ kritisiert die neue Regierungsaktion für ältere Langzeitarbeitslose. Die ÖVP wiederhole damit nur den „seinerzeit missglückten ‚Stöger-Wöginger-Beschluss'“, so die blaue Sozialsprecherin Dagmar Belakowitsch im Hinblick auf die unter großer Kritik von der alten ÖVP-FPÖ-Regierung abgedrehten „Aktion 20.000“. SPÖ und Wirtschaftskammer begrüßen hingegen die Regierungsvorhaben.
Kritik von der FPÖ
Es sei spannend, dass die ÖVP nun doch gemeinnützige Vereine und NGOs unterstützen möchte, so Belakowitsch in einer Aussendung. „Es ist nämlich hinlänglich bekannt, dass die Aktion 20.000 in Wirklichkeit nicht funktionierte, denn nur 30 Prozent der Arbeitnehmer, die daran teilnahmen, haben auch eine dauerhafte Beschäftigung bekommen.“
Die Aktion 20.000 war im Sommer 2017 von der damaligen SPÖ-ÖVP-Regierung ins Leben gerufen worden und wurde später von der ÖVP-FPÖ-Regierung abgeschafft. Als Gründe wurden zu hohe Kosten bei fehlender Nachhaltigkeit ins Treffen geführt.
Im September 2019, noch vor der Wahl, hat der Nationalrat jedoch beschlossen, Langzeitarbeitslose über 50 Jahren mit 50 Millionen Euro über das AMS zu fördern. Es war dies ein Antrag der SPÖ, mitgestimmt haben neben den Sozialdemokraten die ÖVP, die FPÖ und die Liste Jetzt.
Eingliederungsbeihilfe und gemeinnützige Projekte
Die neue ÖVP-Grünen-Regierung will das Geld unter anderem in die Eingliederungsbeihilfe investieren. Dies ist ein Zuschuss zu den Lohnnebenkosten, den Betriebe bekommen, wenn sie ältere Langzeitarbeitslose einstellen. Zwei weitere Schwerpunkte sind die Gesundheitsberatung sowie „‚Gemeinnützige Beschäftigungsprojekte‘, etwa durch Gemeinden und andere gemeinnützige Träger sowie innovative Projekte für Kreislaufwirtschaft zur Verbindung von Klimaschutz und Beschäftigung“, wie Sozialminister Rudolf Anschober (Grüne) in einer Presseunterlage erklärte.
Mit der alten „Aktion 20.000“, einem Prestigeprojekt des damaligen SPÖ-Kanzlers Christian Kern, bekamen ältere Menschen, die länger als ein Jahr arbeitslos waren, einen vollständig vom Staat geförderten, gemeinnützigen Arbeitsplatz für maximal zwei Jahre. Ziel war es, bundesweit in Gemeinden 20.000 Stellen pro Jahr über gemeinnützige Vereine und Unternehmen zu schaffen.
Letztendlich kamen nur 3.824 Personen über die „Aktion 20.000“ zu einem Job, wie eine Ende Dezember 2019 veröffentlichte Evaluierung im Auftrag des Sozialministeriums ergab. Die bereits abgeschaffte Jobinitiative hat ihr Potenzial sohin nur zu 5 Prozent ausgeschöpft, möglich wäre gewesen, zwischen 1. Juli 2017 und 31. Dezember 2017 74.361 ältere Langzeitarbeitslose zu vermitteln. Von denen, die teilgenommen haben, hatte knapp jeder Dritte auch drei Monate nach Förderende noch einen Job.
Lob von SPÖ und WKÖ
Nach Ansicht von SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch war die Aktion 20.000 „ein Erfolg“, wie er in einer Aussendung sagte. Es sei „erfreulich, dass die ÖVP-Ministerin (Christine Aschbacher, Anm.) den sozialdemokratischen Weg fortsetzt.“ „Die ehemalige schwarz-blaue Regierung hat die erfolgreiche Aktion 20.000 in einer Nacht- und Nebelaktion abgedreht und diese Menschen im Regen stehen lassen“, monierte Muchitsch erneut.
Die Wirtschaftskammer lobte die Regierung uneingeschränkt für ihr neues Jobprogramm. „Das Instrument der Eingliederungsbeihilfe hat sich als effizient und sinnvoll erwiesen“, so WKÖ-Generalsekretär Karlheinz Kopf. Gut findet Kopf auch, dass ÖVP und Grüne für eine Zeit Einkommensunterschiede vor und nach der Arbeitslosigkeit ausgleichen wollen. „Damit wird den Arbeitnehmern vor allem in Übergangs- und Einarbeitungszeiten geholfen.“
Luxemburger Modell als Vorbild
Eines der Vorbilder der Regierung ist das Luxemburger Modell. In dem kleinen reichen Land gleicht der Staat Langzeitarbeitslosen (mindestens ein Monat) ab 45 Jahren den Einkommensunterschied zwischen altem und neuen Job eine Zeit lang aus, um sie zur Wiederaufnahme einer Beschäftigung zu motivieren.
Vier Jahre garantiert Luxemburg eine jährliche Vergütung von 90 Prozent des letzten Entgelts. Auch Luxemburger, die ihren Job verloren haben, weil es ihrem Arbeitgeber wirtschaftlich schlecht ging, können die Wiedereingliederungshilfe bekommen, wie die Luxemburger Regierung auf ihrer Website erläutert.
Ältere häufiger von Arbeitslosigkeit betroffen
Ältere Menschen sind in Österreich deutlich häufiger von Arbeitslosigkeit betroffen als der Schnitt der Gesamtbevölkerung. Im Jänner 2020 sank die allgemeine Arbeitslosigkeit (inklusive Schulungen) weiter um 2,9 Prozent, bei älteren Personen ab 50 stieg sie hingegen leicht um 0,1 Prozent. Fast 30 Prozent der Menschen ohne Job sind über 50 Jahre alt.
Ältere sind zwar der Regierung zufolge häufig stabil beschäftigt und werden seltener arbeitslos, wenn sie es aber einmal sind, finden sie schwerer eine neue Stelle, sind also länger ohne Job. Ältere Menschen sind im Schnitt 178 Tage arbeitslos, im Gesamtdurchschnitt beträgt die Verweildauer 121 Tage. Der Anteil der Langzeitarbeitslosen beträgt bei Älteren 45 Prozent, der Schnitt quer durch alle Altersgruppen liegt bei 34 Prozent.