25.09.2014
25.09.2014 AMS-Schulungen als lukratives Geschäft
Finanzinvestoren cashen bei AMS ab: Groß-Ausbildner ibis acam bekommt einen neuen Eigentümer aus Deutschland.
Die Schulung von Arbeitslosen ist offenbar ein einträgliches Geschäft. Allein heuer stellt das Sozialministerium über das Arbeitsmarktservice (AMS) 600 Millionen Euro für die Aus- und Weiterbildung von Job-Suchenden zur Verfügungen, weitere 400 Millionen Euro werden für die Wiedereingliederung älterer Personen in den Arbeitsprozess aufgewendet. „Die Bildungsinstitute, die mit dem AMS zusammenarbeiten, schreiben gute Gewinne“, bestätigt Isabella Weindl, WKÖ-Funktionärin von Fachverband Unternehmensberatung und Informationstechnologie.
Das größte private Ausbildungsunternehmen ist die ibis-acam-Gruppe mit 800 Mitarbeitern an 80 Standorten. Das Institut schult rund 40.000 Personen pro Jahr und profitiert bei den Auftragsvergaben unter anderem von seinem bundesweiten Standortenetz. Alleine vom AMS-Schulungskuchen (siehe unten) entfallen etwa sieben Prozent auf die ibis-acam-Gruppe, die auch in Deutschland tätig ist.
Jersey-Fonds
Nun soll sie einen neuen Eigentümer bekommen. Der deutsche Finanzinvestor Quadriga Capital übernimmt über einen Jersey-Fonds die Mehrheit (80,65 Prozent) an der ibis-Mutterfirma Occupational Education 4U Holding GmbH. Der Deal soll noch diese Woche unter Dach und Fach gebracht werden. Dem Vernehmen nach sind die vertraglichen Verhandlungen mit dem bisherigen Mehrheitseigentümer, dem Schweizer Finanzinvestor Constellation, noch nicht abgeschlossen.
„Die Umschulung und Fortbildung von Arbeitsuchenden in Österreich ist ein Markt mit einem großen Wachstumspotenzial, die Nachfrage der öffentlichen Hand steigt“, sagt Quadriga-Sprecher Jörg Bretschneider zum KURIER. „Zugleich müssen junge Leute fortgebildet und ältere Menschen wieder in den Arbeitsprozess integriert werden.“ Nachsatz: Auch der wachsenden Nachfrage nach Fachkräften müsse durch ein breit angelegtes Ausbildungsprogramm nachkommen werden.
Aber nicht nur die öffentlichen Aufträge machen das Bildungsgeschäft so attraktiv, sondern auch große Handelsketten lassen ihr Personal immer öfter schulen. „ibis acam ist gut aufgestellt. Aus der Perspektive von Quadriga lohnt es sich, einfach dabei zu sein“, sagt der Unternehmenssprecher. „Quadriga ist aber keine klassische Heuschrecke, sondern auf Beteiligungen in mittelständische Unternehmen spezialisiert.“ Quadriga wolle langfristig bei ibis acam an Bord bleiben.
Den AMS-Kuchen haben auch schon andere Geldgeber entdeckt. Beim zweitgrößten privaten Schulungsanbieter Weidinger & Partner übernahm 2011 der Wiener Private-Equity-Fonds Lead Equities die Mehrheit und zieht seither die Fäden.
Renditen
Wie profitabel Kurse tatsächlich sind, hängt von vielen Faktoren ab, unter anderem hat das AMS strikte Vorgaben bei den Trainern. Franz-Josef Lackinger, Geschäftsführer vom bfi Wien, spricht von einer durchschnittlichen Umsatzrentabilität von vier bis fünf Prozent. Aber: „Nicht alle AMS-Kurse werfen Gewinne ab.“ Der Markt werde härter. Die Privaten würden sich vor allem jene Bereiche herauspicken, die am lukrativsten sind und benachteiligte Gruppen lieber links liegen lassen. Als größter Anbieter schreibt auch das gewerkschaftsnahe bfi Gewinne, diese würden aber statutengemäß „als eiserne Reserve“ im Unternehmen verbleiben, versichert Lackinger. Er hält es auch für bedenklich, dass die Aus- und Weiterbildung von Arbeitslosen zum „Spielball von Spekulanten“ wird.
40 Prozent des AMS-Kuchens an nur fünf Institute
Der inhaltliche Schwerpunkt hat sich – nicht zuletzt wegen zunehmender Kritik an oft sinnlosen Kursen – geändert. Im Vorjahr waren 80 Prozent aller Schulungen Aus- und Weiterbildungen, der Rest so genannte Aktivierungskurse, Berufsorientierung oder Trainings nach einer Rehabilitation. Laut AMS finden 60 Prozent der Teilnehmer innerhalb von sechs Monaten nach Kursende wieder eine Beschäftigung.
Quelle .https://kurier.at/