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Lada 4×4 Urban – Geländekumpan der Alten Schule

Seit 1976 fährt dieses Auto äußerlich fast unverändert auf Straßen und alldem, was trotz fehlender Befestigung für dieses Auto zur Fahrbahn wird.

Dabei lässt der Lada 4×4 Urban seit jeher die Herzen von Offroadfans und Puristen höherschlagen. Die militant-rustikale Anmutung überdeckt zunächst etliche Qualitäten und moderne Offenbarungen des Off-Roaders, welche durch uns ausführlich erprobt wurden. Wie sich der als Lada Niva bekannt gewordene Dauerbrenner vom größten osteuropäischen Autowerkes „Avtowaz“ schlägt, zeigt dieser Fahrbericht.

Exterieur – Rustikaler Oldschool-Look

Die äußerliche Erscheinung des Lada 4×4 Urban blieb im Grunde seit der Erstauflage des Fahrzeugs in den 1970ern unverändert. Einerseits wirkt der Lada wie ein Relikt aus vergangenen Tagen, andererseits zeigt das Auto bereits auf den ersten Blick, für welches Terrain es maßgeschneidert wurde: Matsch, Feldwege, tiefer Schnee — kurzum: anspruchsvolles Gelände.

Ausflug ins Grüne? – Der Lada scheut keinen Untergrund, sei er auch noch so unbezwingbar

Das Fahrzeug wirkt durch seine Abmessungen mit 3.60 m Länge und 1.7 m Breite sehr kompakt und recht schmal. Das Design soll keine Schönheitspreise gewinnen, sondern ordnet sich absolut der Funktionalität unter: Der Russe zeigt eine deutliche Bodenfreiheit und kurze Überhänge.

Das Gesicht des Lada 4×4 Urban zieren keine modernen Design-Allüren oder Schnickschnack, denn Zweckdienlichkeit ist das oberste Gebot. Die recht hoch positionierten, klassisch runden Leuchten und der Kühlergrill mit dem Lada-Markenzeichen, dem Fischerboot „Dschiguli“, werden durch ein optional erhältliches Frontschutzsystem ergänzt. Optisch gelingt dadurch ein bullig wirkender, geländeaffiner Trimm.

Auffällig sind die leicht sportiv designten Felgen, deren russische All-Terrain-Bereifung den sicheren Vortrieb im Gelände verspricht, aber auch auf asphaltiertem Boden überzeugen kann. Die angebauten Alutrittbretter des Lada 4×4 Urban unterstreichen den Eindruck eines perfekten Off-Roaders, bleiben aber hauptsächlich ein optisches Highlight.

Interieur – Neues trifft Altbewährtes

Der Lada 4×4 Urban bietet Platz für vier Personen. Auf Langstrecken wirkt das Platzangebot auf den hinteren Plätzen dann doch etwas eingeschränkt, insbesondere, wenn Fahrer und Beifahrer relativ weit hinten sitzen. Groß gewachsene Personen beeinträchtigt die etwas erhöhte Sitzposition auf den Plätzen des Fonds entsprechend in ihrer Kopffreiheit. Der Ein- und Ausstieg auf die Rückbank gelingt durch das Umklappen der Vordersitze, was durch die Einstiegshöhe relativ leichtfällt.

Fahrer und Beifahrer nehmen auf modern designten und bequemen Sitzen in Bi-Color-Design Platz. Eine Sitzheizung wärmt bei Bedarf jeweils den Hosenboden – bei Lada revolutionär. Die Seitenwangen geben einen angemessenen Seitenhalt und die orangefarbenen Kontrastnähte darf man als optisch aufwertende Antagonisten zum Fußmattendesign gelten lassen. Letztere ruhen nur auf den herausnehmbaren Kunststoffmatten und können nicht am Boden des Wagens befestigt werden.

Die Heizleistung der manuellen Klimaregulierung und der Sitzheizung des Lada 4×4 Urban kann man vorbehaltlos als beachtlich und typisch russisch bezeichnen. Bedient wird über klassische Kippschalter, deren Funktionsleuchten erstaunlich warm werden. Es scheint, als würde im Lada alles beheizt. Ansonsten vermitteln die im Innenraum verarbeiteten Materialien durchaus Solidität und Haltbarkeit. Nichts erweckt den Eindruck, als würde es bei erster Beanspruchung kaputtgehen (können).

Das Kofferraumvolumen beträgt 263 Liter und bei umgeklappter Rückbank 504 Liter. Optional sind weitere Extras wie eine Wildwanne oder ein Gewehrhalter konfigurierbar, was den Lada 4×4 Urban für spezielle Berufsgruppen, wie beispielsweise die des Jägers oder Forstarbeiters, interessant machen dürfte.

Für einen Basispreis von 11.990 Euro ist der Lada 4×4 Urban zu haben. Der Urban Plus schlägt mit 12.750 Euro zu Buche und bietet vorne und hinten Innenkotflügel, einen Unterbodenschutz und 16-Zoll-Leichtmetallfelgen. Darüber hinaus gibt es die Varianten Lada 4×4 und Lada 4×4 Taiga. Alle Modelle sind mit demselben 1.7-Liter-Vierzylinder-Benzinmotor ausgestattet. Der Lada 4×4 startet bei 10.490 Euro und der Käufer verzichtet hier auf Helferlein wie elektrisch verstellbare Spiegel und Sitzheizung.

Dafür bietet der Wagen im Gegenzug serienmäßig Unterbodenschutz und Radhausschalen. Das Modell 4×4 Taiga kann für 11.490 Euro erworben werden und besitzt die gleiche Ausstattung wie der Lada 4×4, zusätzlich bietet das Taiga-Paket einen Bodyschutz im Schwellerbereich, diverse Schutzleisten und eine der Langlebigkeit zugute kommende Hohlraumversiegelung. Wer viel abseits von befestigten Straßen unterwegs ist, sollte daher eher dieses Modell in Erwägung ziehen.

Insgesamt lässt sich festhalten, dass der Kontrast von Optik und Ausstattung des Interieurs eines der unerwarteten Highlights des Autos darstellt — so mancher Betrachter vermutet, er stünde einem Original aus den 1970er Jahren gegenüber. Dabei ist es durchaus vergnüglich, die Aufmerksamkeit von Neugierigen auf den überarbeiteten Innenraum zu lenken und dabei den Lada 4×4 Urban als Neuwagen im Oldschool-Gewand zu „enttarnen“.

Technik & Assistenz – Lada 4×4 Urban mit unerwarteten Extras

Der Lada 4×4 verzichtet fast schon traditionell auf Schnickschnack. Umso erfreulicher ist, dass diese Ausstattungsvariante für einen Russen unerwartete, moderne, schnell lieb gewonnene Extras aufweist. Ausstattungsverwöhnte Autofahrern könnte das Erwähnen derartiger Features womöglich zunächst das eine oder andere Lächeln abverlangen, obgleich sie bei einem Lada durchaus als Komfortzuwachs gelten dürfen.

Der Fahrer lenkt servounterstützt, aber mäßig präzise. Die großen, elektrisch verstellbaren Außenspiegel ermöglichen eine gute Sicht mit verschwindend kleinem toten Winkel, wobei sie bei Nässe manuell trockengelegt werden müssen, da sie relativ ungeschützt den witterungstechnischen Extremen und Fahrtwindverwirbelungen ausgesetzt werden.

Außerdem verfügt der Lada 4×4 Urban über elektrische Fensterheber, deren Bedienelemente auf der Mittelkonsole recht weit hinten liegen, sich aber schnell ertasten lassen. Die Fenster lassen sich nicht vollständig in der Tür versenken, sondern ragen wenige Zentimeter heraus.

Unser Testwagen verfügte über eine aufpreispflichtige Radio/CD-Anlage mit MP3-Funktion für CDs sowie einen USB-Slot. Wer gerne basslastige Musikrichtungen bevorzugt, muss einige Abstriche hinnehmen, denn die Türlautsprecher versorgen den Fahrer nur mit einem recht dünnen Klangspektrum.

Die Türen werden „oldschool“ über einen Schlüssel geöffnet, aber keine Sorge: Optional ist eine per Funk fernbedienbare Zentralverriegelung bestellbar. Interessant ist auch, dass sich der Hebel zum Öffnen der Kofferraumklappe hinter dem Fahrersitz an der Seite befindet Dieser muss mit einigem Kraftaufwand gezogen werden, sonst öffnet sich die Klappe nicht. Willkommen in einer Welt ohne elektrische Unterstützung! Diese fast grobschlächtig anmutende Charakteristik zeigt sich ebenfalls beim Kraftaufwand und der Lautstärke, mit der die Türen geschlossen werden.

Der Startvorgang setzt das Ausschalten der links vom Zündschloss platzierten, elektronischen Wegfahrsperre mit dem Betriebscodeschlüssel voraus, welche dies durch zweimaliges Piepsen quittiert: Erst jetzt kann das Fahrzeug gestartet werden.

Motorisierung & Fahreindrücke – Rau, rauer, Lada

Angetrieben wird der Lada 4×4 Urban wie bereits erwähnt von einem 1,7-Liter-Vierzylinder-Benzinmotor Bei 5.000 Touren leistet dieser maximal 83 PS. Geschaltet wird über ein manuelles 5-Gang-Schaltgetriebe. Angegeben ist die Höchstgeschwindigkeit mit 137 km/h, wobei laut Tachoanzeige durchaus auch 150 km/h erreichbar sind. Für den Sprint bis 100 km/h benötigt der Russe 19 Sekunden. Allein dadurch wird dem Fahrer schnell klar, dass das Fahren im Gelände sinnvoller ist als eine Hatz auf der Autobahn. Die Abgaswerte des Lada 4×4 Urban entsprechen hingegen der Euro-6 Norm.

Fahrgeräusche aller Art sind der ständige Begleiter des Lada-Fahrers, die Zahnräder und das Differential sirren geschwindigkeitsabhängig. Bei höheren Tempi dominieren Windgeräusche das Klangspektrum und Böen zerren an der hohen und kantigen Karosserie. Die spartanische Dämmung des Motorraums ist ein Garant dafür, den Insassen jederzeit die Arbeitstakte des Vierzylinders akustisch darzubieten.

Die Bremsanlage enttäuschte weder auf Autobahnfahrten noch im Gelände und beherrschte den mit 1.285 kg relativ leichten Wagen noch dazu gut dosierbar. Für etwaige Gefahrensituationen ist ein ABS-System mit BAS (Bremsassistent) serienmäßig an Bord.

Die manuelle, etwas hakelige Schaltung ist eines der skurrilen Highlights des Autos, denn der außergewöhnlich lange, permanent vibrierende Schalthebel sorgt bei Mitfahrern für erstaunte Blicke. Die Schaltvorgänge erweisen sich als sehr launisch und stark temperaturabhängig: Bei kaltem Motor ist die Schaltung sehr holprig und der nicht synchronisierte Rückwärtsgang bedarf mehrerer Versuche des Einlegens. Ganz anders zeigt sich das Bild nach dem Erreichen der Betriebstemperatur. Ab diesem Zeitpunkt gelingen Schaltvorgänge wesentlich weicher. Auffällig war auch, dass der fünfte Gang sich leicht einlegen, aber nur mit einem gewissen Kraftaufwand wieder lösen ließ.

Das Verteilergetriebe funktionierte im Testlauf zuverlässig und ohne Murren. Der Schalthebel zum Sperren des Differentials ließ sich beim Testwagen leicht einlegen, es benötigte allerdings auch hier einen erhöhten Kraftaufwand, um die Sperre wieder zu lösen.

Es macht ungemein Spaß, diesen Wagen unbeschwert über holprige Wege, loses Erdreich, matschige Pfade und unebenen Untergrund zu lenken. Leider stand während des Testzeitraums kein Schnee zur Verfügung, schließlich sind in Russland Eis und tiefer Schnee seit jeher das bevorzugte Arbeitsgebiet des Lada 4×4. Der permanente und robuste Allradantrieb prädestiniert dieses Auto für die Taiga und Tundra, für löchrige Betonpisten und rutschige Eisflächen. So gesehen hat der Russe mit den gemäßigten mitteleuropäischen Gegebenheiten ein eher leichtes Spiel, bei dem er so gut wie niemals den Dienst verweigern dürfte.

Das Fahrverhalten des Geländewagens kann man für Fahrer aktueller beziehungsweise moderner PKW durchaus als gewöhnungsbedürftig bezeichnen: Der Schalthebel vibriert, das Differential gibt immerzu sirrende Geräusche von sich und es werden unweigerlich Assoziationen an einen russischen Panzer hervorgerufen.

Resümierend lässt sich feststellen, dass der Lada 4×4 Urban allen Insassen eine recht eindeutige Botschaft vermitteln möchte: „Wenn alles stehenbleibt, fahren wir immer noch und bahnen uns unseren Weg“. Das Fahrzeug wirkt robust, unverwüstlich und im unwirschen, wilden Gelände ist es sowohl Spaßmaschine als auch Lebensversicherung. Auch wenn man mitunter dem Gefühl unterliegt, die beweglichen Teile des Antriebsstrangs fröhnen einer spanabhebenden Bearbeitung untereinander.

Der Verbrauch lag im Testzeitraum in der Stadt bei ungefähr 13 Litern und pegelte sich kombiniert gemessen bei etwa 10,5 Liter Superbenzin pro 100 Kilometern ein. Bei Autobahnfahrten mit Bleifußambitionen genehmigte sich der Lada den einen oder anderen Liter mehr. Selbst vollgetankt muss man damit rechnen, dass die Anzeige dies nicht direkt widergibt – sie schätzt mehr, als dass sie misst.

Fazit – Pragmatiker´s Liebling

Wer beruflich oder auch zur Freizeitgestaltung viel abseits von befestigten Straßen unterwegs ist, der sollte sich den Lada 4×4 Urban definitiv näher anschauen. Doch auch befestigte Straßen nimmt der Russe mit Gelassenheit, wenn man ihn nicht gerade an das Heck eines GTI heften möchte – denn sportliche Einlagen und hohe Geschwindigkeiten sind nicht sein Terrain. Die Idee, ein altbewährtes und absolut funktionales Außenkleid mit neuem und attraktiveren Innenleben aufzuwerten, kann man bei diesem Lada als gelungen bezeichnen. Funktionen wie die elektrischen Fensterheber, Sitzheizung, elektrisch verstellbare Spiegel, Servolenkung und ein ABS-System steigern den Komfort und erhöhen die Sicherheit.

Der günstige Russe ist für entsprechende Berufsgruppen genauso eine überlegenswerte Investition wie für den pragmatischen Individualisten, der gerne in die Welt des ungeschminkten Offroads eintaucht. Kann man den Lada 4×4 als berühmt bezeichnen? Nein, eine lebende Legende wäre da schon angebrachter. Wie hoch ist der Wertverlust? Nicht der Rede wert. Robustheit? Hat er, und zwar 100 Prozent! Wir erheben das Glas – natürlich erst nach abgeschlossener Testfahrt: Auf weitere 40 Jahre Lada 4×4!

Quelle https://www.newcarz.de/2017/04/19/lada-4×4-urban-gelaendekumpan-der-alten-schule/

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