Prozess gegen spielsüchtigen AMS-Mitarbeiter, der sich selbst Geld überwies .
36-Jähriger vergriff sich an fremdem Vermögen, als sein Gehalt zur Finanzierung seiner Leidenschaft nicht mehr ausreichte Wien – „Ich habe gern für das AMS gearbeitet. Ich war wirklich gerne dort“, hat ein 36-Jähriger am Dienstag einem Schöffensenat im Wiener Landesgericht versichert. Ab 2013 sei er allerdings „in die Spielerei reingestolpert“. Als er seine Spielsucht mit seinem Gehalt nicht mehr finanzieren konnte, überwies er sich AMS-Gelder auf sein Konto. Vorerst ist ein Gesamtschaden von rund 92.000 Euro inkriminiert.
Vom Fachlichen her war ich ein guter Ansprechpartner. Bis auf den Blödsinn da habe ich versucht, alles korrekt abzuwickeln“, betonte der Mann, der in einer Service-Stelle des Arbeitsmarktservice (AMS) für die Zu- und Aberkennung von AMS-Leistungen zuständig war. Als es mit seinen finanziellen Mitteln eng wurde („Alles, was da war, ist in das Spielen geflossen. Ich habe versucht, mit einem Kollegen mitzuhalten, der finanziell ein ganz anderes Potenzial hat“), kam er auf die Idee, sich an fremdem Vermögen zu vergreifen.
Eigene Bankdaten angegeben Laut Anklage gewährte er in 19 Fällen Personen, die an sich keinen Anspruch auf AMS-Leistungen hatten, Arbeitslosengeld, Notstandshilfe oder das sogenannte Übergangsgeld. Die Betreffenden, die sich zum Teil ins Ausland begeben hatten, bekamen die Beträge – insgesamt rund 41.000 Euro – aber nicht überwiesen. Der 36-Jährige gab einfach seine eigenen Bankdaten an, die Gelder landeten auf seinem Konto. Weitere 50.000 Euro verschaffte er sich, indem er bei 17 Personen, denen eine AMS-Unterstützung zugestanden wäre, deren Kontonummern durch seine eigene ersetzte.
Sonderlich schwer fiel ihm das Handeln nicht, gab der von Verteidiger Nikolaus Rast vertretene Mann unumwunden zu: „Ich wusste, dass es Schwachstellen gibt, die man ausnutzen kann, um da was tun zu können.“ Auf die Frage der vorsitzenden Richterin Andrea Philipp-Stürzer, warum das Ganze nicht aufgefallen sei, obwohl beim AMS in Bezug auf Zahlungsanweisungen ein Vier-, teilweise sogar ein Sechs-Augen-Prinzip installiert war, verwies der Angeklagte auf das besondere Vertrauensverhältnis, das er genossen hätte: „Es war blindes Vertrauen da.“ Seinen eigenen Angaben nach war es ihm deshalb auch möglich, „in zwei bis drei Fällen die Bemessungsgrundlage zu verändern, indem man sie händisch überschreibt“.
Hälfte des Schadens wieder gut gemacht Die gegenständlichen Tathandlungen hatte der Mann zwischen Februar 2014 und April 2017 gesetzt. Als die Malversationen aufflogen, wurde er entlassen. Mittlerweile hat er sich selbstständig gemacht und mehr als die Hälfte des Schadens wieder gut gemacht, wie sein Verteidiger unterstrich. Außerdem unterzieht er sich einer Therapie, um von seiner Spielsucht loszukommen. „Wenn du am Spieltisch stehst, sind 1.000 Euro relativ“, sinnierte der 36-Jährige. Er sei „nicht der Typ, der dazu fähig ist, jemanden zu überfallen. Ich kann keiner Ameise was tun“, gab er abschließend zu Protokoll.
Um den endgültigen Schaden abzuklären – die zuständige Staatsanwältin hat noch nicht sämtliche relevanten Unterlagen vom AMS erhalten -, wurde die Verhandlung wegen Amtsmissbrauchs und betrügerischen Datenverarbeitungsmissbrauchs auf unbestimmte Zeit vertagt.
Quelle https://derstandard.at/2000081008951/Prozess-gegen-spielsuechtigen-AMS-Mitarbeiter-der-sich-Gelder-ueberwies