Deimelbauer News

Vergelt’s Gott

Die katholische Kirche predigt Barmherzigkeit gegenüber Armen und preist ein bescheidenes Leben an. Sie selbst sitzt jedoch auf einem Milliardenvermögen, das sie durch teils unethische und kriminelle Geschäfte angehäuft hat. Teil zwei der neuen News-Serie „Inside Kirche“.

Was haben Kampfflugzeuge, die Antibabypille und Zigaretten gemeinsam? Sie alle bringen der katholischen Kirche Geld. Wie das deutsche Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ aufdeckte, hatte die katholische Pax-Bank im Jahr 2010 rund 1,6 Millionen Euro in derlei Unternehmen investiert; den Löwenanteil davon -nämlich 871.000 Euro -in die Tabakkonzerne British American Tobacco und Imperial Tobacco. Weitere 578.000 Euro in den Rüstungsriesen BAE Systems, der unter anderem Atom-U-Boote, Raketensysteme und Kampfflugzeuge herstellt. Und 159.000 Euro in Wertpapiere des Pharmaunternehmens Wyeth, das auch Verhütungsmittel produziert.

Die Ironie dieser Geschäfte wird nicht nur am Slogan der deutschen Pax-Bank sichtbar: „Wir sind Ihre Bank, wenn Ihnen Werte wichtig sind“. Es wird umso skurriler, wenn man daran denkt, dass Papst Franziskus erst im November vergangenen Jahres den „Welttag der Armut“ ausrief und im Zuge dessen davon sprach, dass „die Armut eine Herzenshaltung ist, die verhindert, dass wir Geld, Karriere und Luxus als Lebensziel und Grundvoraussetzung des Glücks betrachten .

Sündhafte Geschäfte

Aber wenn es um eigene irdische Reichtümer geht, scheint die Kirche ihre selbst angepriesene Enthaltsamkeit nicht so genau zu nehmen. Und manchmal nicht einmal das Gesetz.

Der deutsche Journalist Fidelius Schmid recherchierte für sein 2013 erschienenes Buch „Gottes schwarze Kasse“ über die kriminellen Geschäfte des „Instituts für die religiösen Werke“, besser bekannt als Vatikanbank. Das Finanzinstitut ist im Besitz des Heiligen Stuhls und hat seinen Sitz im Vatikan. Schmid führt im Buch detailliert auf, wie die Vatikanbank jahrzehntelang über Mittelsmänner Geschäfte mit der Mafia und Drogenkartellen machte. Auch habe man Briefkastenfirmen in Liechtenstein und Panama unterhalten. Erzbischof Paul Casimir Marcinkus, von 1971 bis 1989 Direktor der Bank, soll sich dazu einmal so geäußert haben: „Man kann die Kirche nicht mit Ave Marias führen.“

Selbstgeldwäsche

Papst Franziskus tut sich mit derlei Erbe denkbar schwer. Trotzdem hat er im April 2014 die Zukunft des vatikanischen Geldinstituts gesichert, zeitgleich aber betont, die Bank reformieren zu wollen. Dass man zumindest in Sachen Transparenz einen Schritt nach vorne gemacht hat, zeigt eine aktuelle Meldung: Im Februar gab der Vatikan bekannt, erstmals einen Prozess wegen des Verdachts auf „Selbstgeldwäsche“ zu beantragen. Zwischen 2013 und 2017 hat die vatikanische Justiz 30 Millionen Euro vom „Institut für die religiösen Werke“ beschlagnahmt. Bereits 2016 hatte die Vatikanische Finanzinformationsbehörde angekündigt, fast 5.000 verdächtige Konten schließen zu wollen.

Das Grundproblem abseits moralischer Biegsamkeit und gesetzlicher Verstöße: die Intransparenz kirchlicher Finanzen. Über wie viel Vermögen die Glaubensgemeinschaft tatsächlich verfügt, ist nämlich nicht bekannt. Auch nicht in Österreich. Das liegt einerseits an der zersplitterten Finanzstruktur. Hierzulande teilt sich die Kirche in neun Diözesen mit 3.000 Pfarren, hinzu kommen 200 Ordensgemeinschaften und die bischöflichen Stühle. Sie alle haben gesonderte Finanzen.

Andererseits übt sich die Kirche seit über 2.000 Jahren in Geheimhaltung, was ihre Gelder betrifft. Eine diesbezügliche Anfrage von News an das Büro von Kardinal Christoph Schönborn blieb bis Redaktionsschluss unbeantwortet. „Die Kirche fordert immer wieder Transparenz von der Politik, gibt aber selbst nicht preis, wo sie überall beteiligt ist. Das ergibt eine Schieflage“, kritisiert Gottfried Schellmann. Der Wiener Steuerberater beschäftigt sich seit Jahren mit den Finanzen der Kirche.

Ein wenig Licht in die Sache bringen seit 2012 die Rechenschaftsberichte der Diözesen. Sie legen Einnahmen und Ausgaben offen. Demnach hat die Kirche 2016 an die 451 Millionen Euro durch Kirchenbeiträge eingenommen. Das waren 75 Prozent der Gesamteinnahmen. Bei den Ausgaben wiederum fließt der Großteil -nämlich 66 Prozent -in die kirchliche Basisstruktur und in die Seelsorge.

Großgrundbesitzer

Aber auch hierzulande ist die katholische Kirche in zahlreichen Bereichen tätig, die nichts mit ihrem Kerngeschäft zu tun haben, wie die Autoren Christoph Baumgarten und Carsten Frerk in ihrem Buch „Gottes Werk und unser Beitrag“ aufzeigen. So ist sie nach dem Staat der größte Grundbesitzer. 215.000 Hektar sollen es insgesamt sein. Bei der Vermietung und Verpachtung dieser Flächen ist die Kirche steuerbefreit. Schon allein das mache die Kirche in Österreich „sehr, sehr reich“, sagt Steuerberater Schellmann. Die Erträge liegen vermutlich im Milliardenbereich.

Hinzu kommt das Immobiliengeschäft. Alleine das Erzbistum Wien besitzt Gebäude im Wert von 40 Millionen Euro. Auch Graz-Seckau, Gurk und Salzburg sind vorne mit dabei. Schätzwert insgesamt: 500 Millionen Euro.

Und dann gibt es noch zahlreiche Beteiligungen. Etwa an der Styria Media Group, die zu 98,33 Prozent im Besitz der Katholischen Medien Verein Privatstiftung ist. Oder am Niederösterreichischen Pressehaus, das unter anderem die Niederösterreichischen Nachrichten (NÖN) herausgibt.

Bis 2014 war die Kirche auch Mehrheitseigentümer der Privatbank Schelhammer & Schattera und hielt durch diese Anteile an den Casinos Austria. Heute ist sie nur noch mit 31 Prozent dabei. Größte Teilhaber darunter sind das Stift Göttweig und die Erzdiözese Wien.

Steuergeld für die Kirche

Was in diesem Zusammenhang durchaus absurd klingt: Die Kirche bekommt auch Geld vom Staat. Laut einer Studie des Instituts für Höhere Studien und Joanneum Research aus dem Jahr 2015 fließen jährlich 3,48 Milliarden Euro an Steuergeldern in den Kirchensektor. So kauft die öffentliche Hand Leistungen bei der Kirche, indem sie Lehrer an katholischen Schulen, die Caritas und Hospize finanziert. Hinzu kommen Zuschüsse für die Denkmalpflege und Steuerbegünstigungen beim Kirchenbeitrag. Und: „47 Millionen Euro im Jahr zahlt der Staat der Kirche als Wiedergutmachung für den Kirchenfonds, den die Nazis entwendet haben“, erklärt Steuerberater Gottfried Schellmann. Wie lange diese Zahlungen noch getätigt werden müssen, sei unklar.

Im Stift Schlierbach in Oberösterreich kann man hingegen nur vom großen Geld träumen. Es gehört zu den weniger finanzkräftigen Klöstern des Landes. Mit 300 Hektar Forst, einer Glaswerkstätte, einem Bildungszentrum und Anteilen an einer Käserei schafft man es nicht einmal, das sanierungsbedürftige Stiftsgebäude auf Vordermann zu bringen. Nur mit Spenden wird man die undichten Türme und den einsturzgefährdeten Altar renovieren können. Denn Geld von der Diözese gibt es dafür keines.

Abt Nikolaus ist vielleicht gerade deswegen ein großer Kritiker fragwürdiger Kirchen-Geschäfte. „Die Kirche hat nicht nur eine Morallehre, sondern auch eine Soziallehre, an die sie sich halten sollte. Alles, was dem nicht entspricht, ist sündhaft“, sagt er. Denn die Kirche müsse die Erste sein, die verantwortungsvoll mit Geld umgeht.

Lesen Sie hier Teil eins der News-Serie „Inside Kirche“.

Quelle .https://www.news.at/

 

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