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Wie Amazon seine Mitarbeiter steuert, überwacht und unter Druck setzt

Der Internetriese hat ein Armband patentiert, das Handbewegungen seiner Beschäftigten in Echtzeit verfolgt und aufzeichnet. Damit erreicht die Überwachung des Personals in Logistikzentren ein neues Niveau. Das ist aber nur die Spitze des Eisberges der Amazon-Kontrollmechanismen, die ihre Ursache im Niedriglohn-Sektor haben.

Das Tracking-Armband funktioniert mit einem Ultraschall-Sensor. Der registriert, wo im Raum sich die Hand der Trägerin gerade befindet. Ist sie in der Nähe eines Artikels, der einsortiert werden soll, vibriert dieses Armand. Gleichzeitig wird jede Bewegung aufgezeichnet und später analysiert. Das erhöht den Leistungsdruck in den Logistikzentren zusätzlich. Die neue Technik fügt sich gut in die Unternehmenskultur des Konzerns ein, denn schon jetzt steht bei Amazon permanente Überwachung auf der Tagesordnung.

Arbeiten im Käfig

In Winsen an der Luhe steht Amazons modernstes Logistikzentrum in Europa. Ein Reporter des Norddeutschen Rundfunks recherchierte dort verdeckt. Sein Fazit: Modern sind hier vor allem die Überwachungsmethoden. Die Angestellten arbeiten in kleinen Bereichen, die sie Käfige nennen. Diesen Namen haben sie ihren Arbeitsplätzen gegeben, weil sie von drei Seiten mit Gittern umringt werden. An der einzig offenen Seite schieben Roboter Regale hin und her, an denen die Beschäftigten arbeiten müssen. In den Käfigen steht ein Computer, der jeden Arbeitsschritt ansagt. Er zeichnet auch auf, wie lange dafür gebraucht wird.

Im Schnitt hat man 9 Sekunden Zeit ein Paket zu finden und richtig einzuordnen. Über den kleinen Arbeitsbereichen befinden sich auch Kameras. Die MitarbeiterInnen werden aber nicht nur in den Käfigen beobachtet, Kameras gibt es auch an den Aus- und Eingängen und sogar in den Spind-Räumen, in denen sie sich umziehen und ihre Privatgegenstände aufbewahren. Durch den ständigen Leistungsdruck und die Überwachung werden die MitarbeiterInnen leichter kalkulier- und steuerbar. Die Maschinen helfen nicht mehr den Menschen ihre Arbeit zu erledigen, sondern zwingen sie in Handlungsmuster und machen sie zu Quasi-Robotern.

Wenn der Toilettengang zum Risiko wird

Matthias Hoffmann von der Gewerkschaft verdi versucht den MitarbeiterInnen vor Ort zu helfen.

„Das ganze Prinzip beruht darauf, dass der Computer die Arbeit, die Auslastung, die Waren und dementsprechend auch die Menschen steuert. Dazu gehört zwangsläufig, dass der Beschäftigte mit dem Computersystem von Amazon verbunden ist und damit auch in seiner Arbeitsleistung gemessen wird. Teil des Systems ist, dass ein Computer den Vorgesetzten informiert, wenn ein Mensch mal zu langsam ist“, sagt er gegenüber dem NDR.

 

 

Überwacht werden Tempo, Arbeitsleistung und Pausenverhalten. So berichtet Hoffmann, dass eine Kollegin darauf angesprochen wurde, dass sie zwei Minuten zu früh Feierabend gemacht habe. Ein anderer Mitarbeiter wurden von seinem Vorgesetzter gefragt, ob er wirklich so häufig auf die Toilette gehen müsse. Wer zu langsam ist oder zu häufig Pausen macht, wird ermahnt und muss sich um seinen Arbeitsplatz fürchten.

Hartz 4 macht Druck

Doch gerade in dieser Branche ist die Angst vor dem Jobverlust besonders groß. Bei Amazon arbeiten meist schlecht ausgebildete Menschen, die nur schwer eine andere Arbeit finden würden. Aufgrund von Hartz 4 und dem damit entstanden Niedriglohnsektor kann der Konzern auf ein Reservoir von billigen Arbeitskräften zurückgreifen. So arbeitet in Deutschland schon fast jeder vierte Beschäftigte unter der Niedriglohnschwelle von € 10,50 pro Stunde. So fällt es dem Konzern leicht seine MitarbeiterInnen gegeneinander auszuspielen: Die schnellen geben die Standards für alle anderen vor  – wer nicht mithalten kann, verliert seinen Job und wer aufmuckt, wird ersetzt.

 

Quelle. https://kontrast.at/

 

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