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Wie aus Kürzungen für Flüchtlinge Hartz IV für alle wird

Die Regierung kündigt gerne an. Mindestsicherung. Arbeitsmarkt. Notstandshilfe. Reformen. Oft ist es schwer zu sagen, was genau nun geplant ist, aber ich höre sehr genau hin. Lasst mich für euch ein realistisches Szenario der näheren Zukunft malen:

Erster Akt: zwei Mindestsicherungen.

Statt eines Modells der Bedarfsorientierten Mindestsicherung (BMS), das ein Existenzminimum absichern soll, wird es künftig zwei geben: BMS I für Menschen, die dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehen (Kinder, Senioren, Kranke, Menschen mit Behinderungen etc), und eine BMS II für Arbeitsfähige. Diese BMS II wird aber nicht mehr zur Absicherung des Existenzminimums dienen, sondern ein bescheidenes Körberlgeld sein, das man mit einem Spin à la „Beihilfe zur Selbsthilfe“ verkaufen wird. Damit umgeht man, dass der VfGH die „BMS light“ in NÖ gerade als unsachlich gekippt hat. Schließlich hätte diese ja angeblich die Existenz absichern sollen.

Zweiter Akt: die Streichung der Notstandshilfe.

Die Notstandshilfe, die Sozialversicherungsleistung für Langzeitarbeitslose, wird ersatzlos gestrichen. Wer aus dem Arbeitslosengeldbezug herausfällt, erhält dann zunächst keine Leistung mehr und ist auch nicht mehr krankenversichert. Nur, wenn man alles Erarbeitete und Ersparte bis auf wenige Ausnahmen verwertet, bekommt man die BMS II.

Dritter Akt: Arbeit ohne Lohn.

Das letzte Puzzle-Teil ist das eigentliche Ziel. Wer diese BMS II bekommt, muss gemeinnützige Arbeit leisten, für die es maximal eine symbolische Entschädigung gibt (1€-Jobs) – und freilich ist man dabei nicht pensionsversichert. Die Armut soll sich schließlich im Alter fortsetzen.

In Summe ergeben diese Maßnahmen Hartz IV. So erzeugt man aus Langzeitarbeitslosen (viele davon 50+) ein auswegloses Lumpenproletariat, das wie in Deutschland Pfandbecher auf der Straße sammelt. Man diskreditiert diese Menschen derart, dass dort enorme Scham entsteht und jeder Widerstand bricht.

Gleichzeitig, und das ist die Motivation dahinter, führt ein solches System zu Lohndumping, und einer Ausbreitung des Niedriglohnsektors wie in Deutschland. Darüber freuen sich Teile der Wirtschaft.

Wir lassen uns weiß machen, dass diese Reformen notwendig seien wegen der Flüchtlinge, wegen der „Durchschummler“, wegen der langzeitarbeitslosen Millionäre. In Wahrheit sind es jedoch Geschäftsinteressen. Wir werden Österreich nachher nicht wiedererkennen. Außer wir wehren uns jetzt dagegen. Gemeinsam, und egal, wen man im Oktober gewählt hat. Für Österreich, und das, was uns ausmacht: eine Gemeinschaft, die auf einander achtgibt. Hoffen darf ich es ja.

Quelle https://kontrast.at/der-sozialstaat-steht-den-geschaeftsinteressen-im-weg-von-peter-bruck/

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