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Zeugin Jehovas–Sie haben mir mein Leben gestohlen

Montag, 06.04.2015, 12:02

Die perfekte Gehirnwäsche bei Zeugen Jehovas

„Sie haben mir mein Leben gestohlen“Ehemalige Zeugin Jehovas:Aussteiger landen beim Sozialamt oder auf dem Friedhof

Wie man schon die jüngsten der Zeugen Jehovas mit Gehirnwäsche gefügig macht!

„Wer es schafft, den Zeugen Jehovas zu entkommen, landet entweder in der Sucht, beim Sozialamt oder auf dem Friedhof“: Das sagt eine Aussteigerin über die umstrittene Religionsgemeinschaft. Sie wurde als Zeugin Jehovas geboren – und schildert nun ihren schmerzvollen Weg in ein normales Leben.

Pamela Jäckle kam als Kind zweier Zeugen Jehovas zur Welt. Jener Religionsgemeinschaft, die glaubt, dass das Ende der Welt kurz bevorsteht. Und dass nur die Zeugen Jehovas dieses Ende, das sie Harmagedon nennen, überleben werden.

„Ich lebte nur, um Harmagedon zu überleben und ins Paradies zu kommen“, sagte die heute 44-Jährige Jäckle der Schweizer Nachrichtenseite „Watson“ in einem Interview. Sie war Anfang zwanzig, als sie die Religionsgemeinschaft, die viele als Sekte bezeichnen, verließ.

„Du lügst! Du lügst doch!“

Mit 21 Jahren habe sie in einer Versammlung gesessen und einem Ältesten zugehört. Die Gemeinden der Zeugen Jehovas werden von einer Ältestenschaft geleitet. Da sei es ihr plötzlich durch den Kopf geschossen, schildert Jäckle „Watson“: „Du lügst! Du lügst doch!“ In den Moment habe sie gewusst, dass sie die Gemeinschaft so schnell wie möglich verlassen müsse.

Ihre Kindheit und Jugend bei den Zeugen Jehovas beschreibt die Schweizerin im Interview als unglücklich. Sie habe kaum Kontakt zu Menschen außerhalb der Gemeinschaft haben dürfen. Alle Zeit habe sie Jehova widmen müssen. Sie habe körperliche Gewalt gesehen und erlebt. 

Ein qualvoller Tod als höchstes Fest

In diesen Tagen denke sie an das wichtigste Fest der Zeugen Jehovas, das diese zur Osterzeit feiern. Die Anhänger feiern jedoch nicht die Auferstehung Christi, sondern seinen Tod und Leidensweg. Jäckle fröstelt, wenn sie daran denkt. Es sei doch verrückt, dass das höchste Fest ein qualvoller Tod sei, sagt sie heute. Als Kind habe sie dies als „furchteinflößend und traurig“ empfunden.

Einen Beruf konnte Jäckle nicht lernen. Da die Zeugen Jehovas ja davon ausgingen, dass diese Welt bald enden werde, sei eine Ausbildung hinfällig, erklärt sie gegenüber „Watson“. Wer die Gemeinschaft verlässt, steht deshalb vor dem Nichts. „Das ist ja das Tragische: Wer es schafft, den Zeugen Jehovas zu entkommen, landet entweder in der Sucht, beim Sozialamt oder auf dem Friedhof“, sagt die 44-Jährige.

„Ich wusste, dass ich das nicht durchhalten würde“

Nach ihrem Entschluss, die Religionsgemeinschaft zu verlassen, wollte sie unbedingt verhindern, vor den Ältesten erscheinen zu müssen, wie es bei Austritten oder Ausschlüssen üblich ist. „Ich habe das einmal erlebt und mich gefühlt wie vor einem Gericht“, sagte sie der Schweizer Nachrichtenseite. „Ich wusste, dass ich das nicht durchhalten würde.“

Stattdessen trat sie in den Ausstand: Sie ging nicht mehr zu den Versammlungen und wurde somit zu einer „untätigen“ Zeugin. Erst vier Jahre später trat sie definitiv aus – mit einer schriftlichen Kündigung. Zuerst sei sie in die Wüste abgehauen, schildert die Aussteigerin. „Danach folgten sehr viele sehr orientierungslose Jahre.“ Auch Jäckle landete beim Sozialamt. Erst in den vergangenen Jahren sei Ruhe in ihr Leben eingekehrt. Die 44-Jährige hat zwei Töchter.

Ihr Vater nahm sich das Leben

Zu der Familie, in die sie selbst geboren wurde, hat Jäckle heute keinen Kontakt mehr. Ihr Vater hat sich umgebracht. Selbstmord sei in den Kreisen der Zeugen Jehovas weit verbreitet, sagt sie.

Zwei Mal sei ihr Vater wegen seines Alkoholproblems von einer anderen Zeugin Jehovas an die Ältesten verraten worden. Das erste Mal wurde er ausgeschlossen, bereute und wurde schließlich wieder aufgenommen. Beim zweiten Mal nahm er sich das Leben.

„Sie haben mir mein Leben gestohlen“

Die Zeugen Jehovas sind für ihren missionarischen Eifer bekannt. Sie klingeln an Haustüren, um Menschen von ihrem Glauben zu überzeugen. Besonders bekannt ist ihre Zeitschrift „Wachtturm“.

Die Religionsgemeinschaft entstand Ende des 19. Jahrhunderts in den USA, Begründer war Charles Taze Russell. Die Haltung der Zeugen Jehovas sorgt immer wieder für Kontroversen, zum Beispiel ihre strikte Ablehnung von Bluttransfusionen.

Jäckle hat lange gebraucht, um mit ihrer eigenen Vergangenheit zurechtzukommen. Heute fühlt sie sich betrogen. „Ich finde, die Zeugen Jehovas sollten dafür bestraft werden, mir mein Leben gestohlen zu haben“, sagt sie im Interview mit „Watson“. Ich wurde Opfer von schlimmsten Menschenrechtsverletzungen. Mir wurden meine Rechte verwehrt, auf Selbstbestimmung, auf Freiheit, auf Bildung und Information…“ Gerne würde sie den Tag erleben, an dem die Zeugen Jehovas büßen müssen.

Quelle https://www.focus.de/panorama/welt/sie-haben-mir-mein-leben-gestohlen-ehemalige-zeugin-jehovas-aussteigern-droht-sozialamt-sucht-und-friedhof_id_4592545.html

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