ÖVP und FPÖ verlangen von der Allgemeinen Unfallversicherungs-Anstalt (AUVA) 500 Millionen Euro weniger auszugeben, denn Unternehmen sollen weniger Unfallversicherung zahlen. Bis Ende 2018 müsse die AUVA einen Spar-Plan vorzulegen, sonst drohe die Zerschlagung der AUVA. Jetzt ist ein solches Papier öffentlich geworden. Der Inhalt: 486 Millionen Einsparungen – durch Spitalsschließungen und privatisierte Unfall-Krankenhäuser. Wird dieses Konzept umgesetzt, wären die Folgen für 370.000 PatientInnen dramatisch.
„Ich kann derzeit noch nicht sagen, ob die Spitäler alle erhalten werden oder nur einige“, erklärt Gesundheitsministerin Hartinger-Klein im April 2018. Sie hat eine mögliche Schließung von Unfallkrankenhäusern offengelassen. Jetzt ist ein radikaler Sparplan öffentlich geworden. Das Maßnahmen-Papier zeigt, es werden Spitäler geschlossen, um der Forderung der Regierung nachzukommen.
Die Ausgaben-Kürzung kann also nicht ohne tiefe Einschnitte in der Versorgung erfolgen.
„Räumliche Zusammenführung“ heißt weniger Spitäler
Im Sparplan ist von Kooperationen zwischen unterschiedlichen medizinischen Einrichtungen, von „Verschlankung der Struktur“, aber auch von Schließungen die Rede. Allerdings wählte man dafür im Plan „mildere“ Formulierungen wie „Transfer der Leistungen“ und „räumliche Zusammenführung“.
Karl Nehammer, Generalsekretär der ÖVP, will nicht ausschließen, dass es weniger Spitäler geben wird. Er verweist allerdings auf die Selbstverwaltung der AUVA, und versucht die politische Verantwortung auf die Versicherung abzuwälzen. Was er jedoch nicht sagt: Wenn die Regierung der AUVA 500 Millionen Euro wegnimmt, sind Spitalsschließungen zwingend. Für die PatientInnen ist das Ergebnis dasselbe: Weniger Spitäler – egal, ob direkt oder indirekt verordnet.
So soll etwa das Krankenhaus im obersteirischen Kalwang geschlossen, die Leistungen stattdessen in Graz oder Bruck an der Mur angeboten werden. Befürchtet wird zudem, dass das Wiener Lorenz-Böhler-Spital geschlossen werden könnte. Angehörige dieses Spitals haben am 10. April 2018 gegen die Zerschlagung der AUVA protestiert.
Laut Maßnahmen-Papier soll das Lorenz-Böhler-Spital mit dem Reha-Zentrum Weißer Hof in Klosterneuburg zum „Rehazentrum Meidling“ zusammengefasst werden. Das soll 30 Millionen bringen.
Kritik aus Regierungsnähe
Kritik wird auch aus ÖVP-nahen Organisationen laut. Der Wiener Christgewerkschafter Fritz Pöltl meinte, Hartinger-Klein hat sich für den Job als Sozialministerin „disqualifiziert“. Denn sie hat „mehrmals wissentlich die Unwahrheit gesagt und fachlich völlig falsche Aussagen getroffen.“ Es sei ihr bei „ihren ständigen Beteuerungen, dass es zu keinen Spitalssperren kommen wird und die medizinische Versorgung der Unfallopfer nicht gefährdet sei“, nicht mehr zu trauen.
Werden Unfallkrankenhäuser privatisiert?
Im Gesundheitsausschuss hat Hartinger-Klein auf wiederholte Nachfrage nicht ausgeschlossen, dass sie Unfallkrankenhäuser privatisieren will. Die Sparvorhaben sehen jetzt genau das vor: Das AUVA-Papier schlägt vor, die Unfallkrankenhäuser als „Privatkrankenanstalten“ zu führen. Bis 2029 würde das 33 Millionen Euro bringen. Was hätte die AUVA davon? Transferiert man die Spitäler in eine GmbH, könnte diese GmbH vom „Privatkrankenanstalten-Finanzierungsfonds“ Gelder bekommen. Das Geld aus dem Fonds stammt aus der Sozialversicherung. Das würde Kosten verschieben: Die AUVA würde entlastet, andere Kassen oder in weiterer Folge die SteuerzahlerInnen müssten einspringen.
Doch ist nicht das erste Mal, dass eine Privatisierung ganzer Krankenhäuser im Raum steht.
Schon im Juni 2018 hat „News“ berichtet, dass Unfallspitäler in GmbHs umgewandelt und für privates Kapital geöffnet werden sollen:
Die Spitäler werden in GmbHs mit privater Beteiligung umgewandelt“, erzählte ein ÖVP-Verhandler. „Das macht es der FPÖ leichter, dort einen freiheitlichen Geschäftsführer zu installieren.“
Niedrigere Kosten für Unternehmen, höhere Kosten für Beschäftigte
Die AUVA wird fast ausschließlich aus den Beiträgen der Dienstgeber finanziert. Das hat gute Gründe: Denn Unternehmer haben die Verantwortung die Arbeitsplätze sicher zu gestalten und eine Behandlung im Fall von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sicherzustellen. Sie haben eine sogenannte „Fürsorgepflicht“. Bevor es die Unfallversicherungen gab, mussten die Unternehmen die Kosten direkt tragen. Es ist mit einer Haftpflichtversicherung vergleichbar – dabei versichere ich auch nicht direkt den Geschädigten, sondern versichere mich selbst vor den Kosten, die jemand anderes von mir einfordern kann.
1,3 Prozent der Löhne und Gehälter zahlen die Unternehmen an die AUVA, im Schnitt sind das 26 Euro pro Beschäftigten. Das ist nicht viel, wenn man bedenkt, dass damit Behandlungen, Rehabilitation und eine Rente im Fall zukünftiger Arbeitsunfähigkeit abgedeckt sind. Unternehmen unter 50 Beschäftigten bekommen auch noch eine kostenlose Beratung zur Vermeidung von Unfällen und Berufskrankheiten in ihren Betrieben. 116.000 solche Beratungen haben die Mitarbeiter der AUVA 2017 durchgeführt.
Doch die Regierung hat den Unternehmen versprochen, die Beiträge von 1,3 auf 0,8 Prozent der Löhne und Gehälter zu senken. Industriellenvereinigung und Wirtschaftskammer fordern das seit 2013.
Wird das so umgesetzt, werden die Beschäftigen für die Unfallversorgung, Rehabilitation und Prävention zur Kasse gebeten werden.
Jährlich werden 370.000 PatientInnen behandelt
Fünf Millionen Menschen sind bei der AUVA versichert: Drei Millionen Beschäftigte, 525.000 Selbständige sowie 1,5 Millionen SchülerInnen, Studierende und Kindergartenkinder. 370.000 PatientInnen werden jährlich in den 7 Unfallkrankenhäusern, 4 Reha-Zentren und dem Trauma-Zentrum Wien behandelt.
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