Arbeitszeit von 12 Stunden pro Tag, 60 Stunden in der Woche, keine Überstunden-Zuschläge in der Gleitzeit, bis zu 4 Arbeits-Wochenende. Das neue Arbeitszeitgesetz tritt am 1. September im Kraft.
Arbeitszeit von 12 Stunden pro Tag, 60 Stunden in der Woche, keine Überstunden-Zuschläge in der Gleitzeit, bis zu 4 Arbeits-Wochenende. Das neue Arbeitszeitgesetz tritt am 1. September im Kraft. Doch was bedeutet das konkret?
Im Juni haben ÖVP und FPÖ mit einem Initiativantrag zur Arbeitszeitflexibilisierung Österreich überrascht. Ohne Begutachtungsphase wird der 12-Stunden-Tag und die 60-Stunden-Woche generell möglich. Sozialpartnern oder Betriebsrat müssen nicht mehr zustimmen, wenn 60 Stunden in der Woche gearbeitet wird. Über 100.000 Menschen sind bei einer Demonstration der Gewerkschaft gegen diesen Plan auf die Straße gegangen, doch die Regierung hielt am 12-Stunden Tag fest und hat ihn sogar von Jänner 2019 auf September 2018 vorverlegt.
3,7 Mio. Arbeiter und Angestellte betrifft dieses Gesetz direkt
Während üblicherweise die Sozialpartner um ihre Stellungnahme gebeten werden, wird das Gesetz im Eilverfahren behandelt. Noch im Juli, nicht einmal 3 Wochen nachdem der Entwurf vorgelegt wurde, wurde das Gesetz beschlossen, nachdem dieser im Wirtschafts- statt im normalerweise für Arbeitsrecht zuständigen Sozialausschuss behandelt wurde. Der Grund: Im Sozialausschuss hat die SPÖ den Vorsitz.
Der 12-Stunden-Tag und die 60-Stunden-Woche sind ein langer Wunsch von Industriellenvereinigung und Wirtschaftskammer, deren Forderungen die Regierung jetzt umsetzt. Im Sozialausschuss müssten sich ÖVP und FPÖ weit mehr mit den Argumenten der Arbeitnehmer-Vertreter auseinandersetzen – das wollen sie vermeiden. Außerdem dürften die Regierungsparteien befürchten, dass die eigenen Abgeordneten im Sozialausschuss dem Entwurf ihre Zustimmung verweigern könnten.
Was kommt mit der neuen Arbeitszeit
- Arbeitszeiten von bis zu 12 Stunden pro Tag sind erlaubt, rechnet man die erhöhten, zumutbaren Arbeitswege ein sind es sogar 14 Stunden.
- Arbeiter und Angestellte dürfen nun bis zu 60 Stunden in der Woche arbeiten. Nur für die jeweils 11. und 12. Stunde gilt ein Ablehnungsrecht der Arbeitnehmer – ob das tatsächlich nutzbar ist, ist fraglich. Denn es besteht ein Abhängigkeitsverhältnis der Arbeitnehmer.
- In der Gleitzeit gilt ab nun eine Normalarbeitszeit von 12 Stunden, fünfmal in der Woche (also 60 Stunden) – Wer also in Gleitzeit in der Woche 60 Stunden arbeitet, hat keine einzige Überstunde gemacht und bekommt damit auch keine Überstundenzuschläge.
- In Betrieben ohne Betriebsrat kann der Chef zur Arbeit an bis zu vier Wochenenden pro Jahr verpflichten. Mit Betriebsrat ist dafür eine Betriebsvereinbarung erforderlich.
- Für Arbeitnehmer, die ihre Arbeitszeit frei gestalten können, wird das Arbeitszeitgesetz gar nicht mehr gelten. Diese Regelung gab bisher nur für Führungskräfte wie Geschäftsführer oder CEOs in Konzernen – jetzt soll sie für alle gelten, die „maßgebliche selbstständige Entscheidungsbefugnisse“ haben.
- Es gab bereits viele Fälle in denen die Unternehmen die Arbeitszeitgesetze nicht eingehalten haben. Durch die neue Höchstarbeitszeit von 12 Stunden am Tag und 60 Stunden in der Woche werden diese Verstöße zum größten Teil straffrei. Zuvor hatte die Regierung bereits angekündigt die Strafen massiv zu reduzieren, und die Kontrollen zurückzufahren.
- Die wichtigste Schutzbestimmung kommt nicht von der Regierung, sondern durch die EU – und muss eingehalten werden. Laut EU-Recht darf die Wochenarbeitszeit von 48 Stunden im Durchschnitt von 17 Wochen nicht überschritten werden.
- Tatsächlich sind bei der Vier-Tage-Woche keine Änderungen vorgesehen: Schon jetzt ist es möglich, die 40 Stunden Normalarbeitszeit auf vier Zehn-Stunden-Tage zu verteilen. Auch in den allermeisten Gleitzeitverträgen sind Kernarbeitszeiten vereinbart. Der Arbeitgeber muss also trotzdem zustimmen, möchte man Freitags freinehmen. Eine Erleichterung für den Arbeitnehmer ist das nicht.
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Ablehnen – „Das trauen sich die meisten nicht“
Ablehnen dürfen die Arbeitnehmer die elfte und zwölfte Überstunde. Der Arbeitgeber kann vom Arbeitnehmer verlangen, zwölf Stunden zu arbeiten. Die Arbeitnehmer haben „de facto nicht die Wahl, selbst darüber zu entscheiden“, kritisiert AK-Direktor Klein im Morgenjournal. Wer ein legales Arbeitszeitmodell ablehnt, gefährdet seinen Arbeitsplatz und das Betriebsklima – das weiß man aus der Beratungspraxis. „Das trauen sich sie meisten nicht.“
- Wer angeordnete Überstunden ablehnt, riskiert die fristlose Entlassung. Ob das gerechtfertigt war, entscheidet Monate später das Arbeitsgericht“, sagt Christoph Klein im Ö1-Morgenjournal.
- Bereits vor der Einführung im September häufen sich die Beschwerden bei der Arbeiterkammer: Arbeitnehmer werden unter Druck gesetzt, Kündigungen angedroht. „Es gibt Anfragen nach dem Motto: ,Mein Chef hat gesagt, wenn der 12-Stunden-Tag kommt, dann kann er sich von einigen Beschäftigten trennen, denn dann kann er den Betrieb auch mit den restlichen aufrechterhalten, wenn die 12 Stunden arbeiten’“, berichtet AK-Präsidentin Renate Anderl gegenüber ÖSTERREICH: „Das sind keine Einzelfälle, das passiert jetzt des Öfteren.“
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Zuschläge könnten fallen
Die größte Unsicherheit gibt es bei den Zuschlägen, die bis zu 50 Prozent betragen. Die Regierung verspricht, dass diese Zuschläge bestehen bleiben. Doch aus dem Gesetz geht das nicht hervor. Anfang August hat ein Wiener Handelsunternehmen mit 150 Mitarbeitern angekündigt, Überstundenzuschläge erst ab der 12. Stunde zu zahlen. Gehen soll das durch eine neue Gleitzeitvereinbarung:
- Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass während der Gleitzeitperiode keine Mehr- bzw. Überstunden ausbezahlt werden. Falls diese aufgrund der zulässigen Tagesarbeitszeit von 12 Stunden anfallen sollten, dann sind sie durch Zeitausgleich zu verbrauchen.“
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ÖVP-Gewerkschafter halten nichts vom 12-Stunden-Tag
- „Die Industrie hat vor den Wahlen in die Regierung investiert und verlangt jetzt ihren Anteil. Das ist der Beginn der mutwilligen Zerstörung unserer Gesellschaft, vor allem unseres Familien-, Vereins- und Soziallebens“.
- So resümiert der Tiroler AK-Chef Erwin Zangerl (ÖVP) im Kurier
- https://www.youtube.com/watch?time_continue=30&v=9FLnflnqJkE
- https://www.youtube.com/watch?v=5PQV0_flcm0
Quelle https://kontrast.at/faktencheck-12-stunden-tag/