Salzburg: Sozialamt kürzt die Mindestsicherung wegen Sparbuchbehebungen – Verwaltungseifer oder Schikane?
Die Mindestsicherung sichert nur das Lebensnotwendigste ab: Essen, Wohnen und vielleicht einmal ein Kinobesuch. Dass die knappen Geldmittel nicht immer ausreichen, überrascht nicht.
Damit nicht jeder kleine „Sonderbedarf“, wie beispielsweise eine Reparatur, extra beantragt und von der Behörde entschieden werden muss, wird gesetzlich ein kleines Sparguthaben, das sogenannte Schonvermögen, in Höhe des 5-fachen Richtsatzes zugebilligt. Aktuell sind dies € 4.315,20. Für den Notfall kann dieser letzte Notgroschen extrem wichtig sein.
Doch in Salzburg ist nun selbst dieser letzte Rettungsanker in Gefahr. Das Sozialamt der Stadt Salzburg entwickelte im Herbst 2017 eine sehr kuriose Rechtsansicht bei der Definition von Einkünften, die bei der Berechnung von Bedarfsorientierter Mindestsicherung (BMS) angerechnet werden.
Aktuell wird selbst die Sparbuchbehebung in Höhe von € 70,– in Salzburg einfach von der Unterstützung abgezogen!
Der Weg in die Mindestsicherung
Der 37-jährige Markus Huber (Name und Angaben geändert) hat seinen Arbeitsplatz im Rahmen eines Reha-Projektes verloren, da vom AMS die Arbeitsfähigkeit mit Hinweis auf die psychische Erkrankung bezweifelt wurde.
Die Gutachter stellten eine dauerhafte Arbeitsunfähigkeit fest. Ein Pensionsantrag hat aufgrund der wechselhaften Arbeitsbiographie wenig Erfolgsaussicht, da Herrn Huber die erforderlichen Beitragsmonate fehlen. Fortan ohne Einkommen griff Markus Huber auf sein Erspartes zurück, bis auch dieses drohte, zu Ende zu gehen.
Im Sommer 2017 stellte er schließlich mit Hilfe seiner Betreuerin in der Psycho-Reha einen Antrag beim Sozialamt auf Gewährung von BMS. Die Voraussetzungen dafür sind erfüllt, das kleine ihm noch verbliebene Sparvermögen von unter € 1.000,– liegt sehr weit unter der Schonvermögensgrenze.
Zugriff auf Notreserve
Nach ein paar Monaten des BMS-Bezugs setzte ab September 2017 der Spießrutenlauf um Gewährung des ungeschmälerten Mindestmaßes für den täglichen Lebensbedarf ein. Denn das Sozialamt kürzte den Mindeststandard von € 844,46 um knapp € 600,– und begründete dies damit, dass Herr Huber von seinem Sparbuch – also dem verbliebenen, kleinen, legalen Schonvermögen – diese Summe behoben hätte.
Im Verwaltungsdeutsch heißt das dann, dass dieser Betrag „zugeflossen“ sei, er darüber verfügen könne, es somit Einkünfte darstelle und deshalb die BMS zu kürzen sei. Vorsichtshalber ermittelte die Verwaltungsmitarbeiterin an Hand der monatlich vorgelegten Sparbuchkopien auch noch rückwirkend.
Es folgte ein Rückersatz-Bescheid, Herr Huber soll also auch noch für die letzten Monate die Sparbuchbehebungen – die sein Schonvermögen reduzieren – an das Sozialamt zurückzahlen.
Ungeklärte Finanzen und Probleme mit dem Sozialamt führten zu einem Sachwalterbestellungsverfahren, an dessen Ende das Bezirksgericht eine Vereinssachwalterin für die Vertretung gegenüber dem Sozialamt bestellte, die nun die laufenden Rechtsmittel einbringen konnte.
Sparbuch bis zur Neige anrechnen
Bislang haben die eingebrachten Rechtsmittel gegen die immer wieder erstellten Bescheide zur Kürzung des Mindeststandards um Sparbuchbehebungen noch nicht zu einem Ende dieser Praxis geführt. Das Landesverwaltungsgericht hat Bescheide wegen Form- und Zustellungsfehlern aufgehoben, die nun an die bestellte Vereinssachwalterin neuerlich zugestellt wurden.
Die Beschwerden mussten deshalb abermals eingebracht werden. Und fast gleichzeitig folgte ein neuer Kürzungsbescheid, ja sogar eine neu Rückforderung. Leider hat die Salzburger BMS-Novelle im Dezember keine Klärung gebracht, obwohl im Begutachtungsverfahren die Fehler aufgezeigt und Korrekturen gefordert wurden.
Aktuell kürzt das Sozialamt den monatlichen Mindeststandard von Herrn Huber um die vom Sparbuch für die Weihnachtszeit behobenen € 70,–. Im Übereifer wurde vom Sozialamt auch noch ein Rückersatzbescheid erlassen. Also einmal eine Kürzung des monatlichen Mindeststandards und dann noch zusätzlich eine Rückzahlungsforderung.
Das Sparguthaben ist nun bald endgültig aufgebraucht, da es Herr Huber für den monatlichen Lebensbedarf verwenden musste. Er verliert damit auch die kleine Sicherheit eines Schonvermögens.
Ein Zustand, der nicht hingenommen werden kann. Weder von Herrn Huber noch von anderen BMS-BezieherInnen.
Quelle https://www.bizeps.or.at/salzburg-sozialamt-kuerzt-die-mindestsicherung-wegen-sparbuchbehebungen-verwaltungseifer-oder-schikane/