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Ärzte-Mangel und Baustopp bei Krankenhäusern drohen

Regierung verhängt „Ausgabenstopp“: Ärzte-Mangel und Baustopp bei Krankenhäusern drohen

Den Sozialversicherungen wird per Gesetz eine Ausgabenbremse aufgedrückt. Offene Stellen bei den Ärzten und Bediensteten der oberen Führungsebene können bis Ende 2019 nur befristet besetzt werden, Spitalsbaustellen werden gestoppt. Diesen Antrag hat Gesundheitsministerin Hartinger-Klein (FPÖ) im Parlament am Abend des 5. Juli überfallsartig präsentiert. Der „Ausgaben-Stopp“ für Gesundheit wurde von ÖVP, FPÖ und NEOS beschlossen. SPÖ und Liste Pilz hielten dagegen – sie vermuten sogar Verfassungswidrigkeit. Sozialversicherung und Ärtekammer warnen vor den Folgen für die Gesundheitsversorgung.

Es ist der zweite Tag der letzten Nationalratssitzung vor dem Sommer. Der späte Abend eines Tages, der von hitzigen Debatten über den 12-Stunden-Tag gekennzeichnet ist. Überraschend hat die Regierung den 12-Stunden-Tag auf September vorverlegt – die Beschäftigten sollen 4 Monate früher als geplant länger arbeiten.

Doch dabei bleibt es nicht: die FPÖ-Gesundheitsministerin Hartinger-Klein bringt einen Abänderungsantrag ein. Eigentlich geht die Debatte um das Erwachsenenschutzgesetz, doch der Antrag verfolgt einen anderen Plan. Die Krankenkassen werden mit einem „Ausgabenstopp“ belegt.

Baustopp und Ärztemangel

Während immer wieder vor dem kommenden Ärztemangel gewarnt wird und Zeitungen mit Schlagzeilen über Gang-Betten und Überbelegung der Spitäler berichten, werden den Sozialversicherungen die Hände gebunden: Offene Stellen dürfen nur mehr befristet vergeben werden, und Spitäler im Bau dürfen nicht fertiggestellt werden.

Für Nachbesetzungen finden wir kein geeignetes Fachpersonal mehr, wenn jeder qualifizierte Arbeitsplatz ein Ablaufdatum im Jahr 2019 hat. Das ist eine betriebsorganisatorische Katastrophe“, sagt Gerhard Hutter, Obmann der NÖ Gebietskrankenkasse.

Neue Ärzteverträge müssen warten, mit entsprechenden Konsequenzen für die Patienten. Hier geht es etwa um die Steiermark, das Burgenland, Oberösterreich und Tirol. Auch der Primärversorgungsvertrag kann nicht abgeschlossen werden, und jener für CT- und MR-Untersuchungen wird nun möglicherweise nicht verlängert. Beides Bereiche, die der Politik bisher sehr wichtig waren.

Der Ärztekammer-Präsident Thomas Szekeres befürchtete ein Vorrücken der Privatmedizin durch die Maßnahme, was für Viele in der Gesellschaft nicht bezahlbar sei:

Es wird kein Arzt verhungern, wenn es kein Kassensystem gibt, aber es ist zum Schaden der Patienten.“

Vom Baustopp betroffene Projekte

Und auch der Ausbau der medizinische Nahversorgung ist damit erledigt. Österreichweit sind rund 30 vereinbarte Projekte betroffen. In Summe müssen Bauprojekte im Umfang von 400 Millionen Euro gestoppt werden, heißte es aus der Sozialversicherung. Anstehende Neubauten und Primärversorgungszentren sind bedroht. Die Sozialversicherung hofft auf Gesprächsbereitschaft der Regierung. Signale, dass das möglich ist, kommen aus Oberösterreich, wo in Eferding und Linz blockierte Bauprojekte nun wahrscheinlich doch realisiert werden können.

Türkis gegen Schwarz in der ÖVP

Es ist eine politische Frage, wie wir kranke Menschen in Österreich behandeln wollen. Ob wir für ein bisschen weniger Geld Gangbetten akzeptieren. Ob ein Arzt zehn oder 50 Patienten in der Stunde behandelt. Wie lange man auf wichtige Behandlungen warten muss oder ob wir unseren Kindern Zahnspangen bezahlen.

Es ist aber auch eine parteipolitische Frage – vor allem eine Frage Schwarz gegen Türkis. Hauptverband-Chef Biach appelliert an die Regierung, die Ausgabenbremse zurückzunehmen. Er ist ÖVP-Bezirksobmann in Wien-Margarethen, doch Sebastian Kurz sieht ihn nicht als Verbündeten. Hier wird der Konflikt der Türkisen in der Regierung gegen die sozialpartnerschaftlichen Schwarzen innerhalb der ÖVP sichtbar.

Verfassungsrechtlich bedenklich

Und dann ist die verordnete Ausgabenbremse auch eine juristische Frage. Denn in der Verfassung ist die Selbstverwaltung der Krankenkassen klar bestimmt – und dazu gibt es sogar ein Urteil des höchsten Gerichtshofs des Landes aus dem Jahr 2003. Damals versuchte die ebenfalls schwarzblaue Regierung massiv in die Organisationen der Sozialversicherung einzugreifen.

Das ist auf jeden Fall verfassungsrechtlich äußerst fragwürdig, weil es ein ganz massiver Eingriff in die Selbstverwaltung ist und die ist verfassungsrechtlich garantiert“, betont der Verfassungsexperte Öhlinger gegenüber der APA.

Aus verfassungsrechtlicher Sicht hält auch Verfassungsrechtler Heinz Mayer die Maßnahmen für „zumindest fragwürdig“.

Für juristische Laien ausgedrückt: die Sozialversicherungen gehören nicht dem Bund, sondern den Versicherten. Und die Verfassung sieht die Verwaltung durch die Versicherten vor. Die Regierung, oder der Nationalrat, kann nur innerhalb der in der Verfassung vorgesehen Grenzen mitmischen. Diese sehen sowohl der SPÖ-Abgeordnete Alois Stöger, wie auch Hauptverbands-Chef Biach gefährdet.

Quelle https://kontrast.at/

 

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