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Mit dem neuen Mercedes G am Schöckl

In wenigen Tagen feiert der neue Mercedes G auf der Detroit Auto Show seine statische Weltpremiere. Wir gingen bei letzten Abnahmefahrten am Grazer Schöckl schon einmal an Bord der Geländewagen-Ikone – und staunten.

Der Hummer ist Geschichte, der Defender macht Pause und Land Cruiser oder Pajero sind nur noch ein Abklatsch ihrer selbst. So ganz langsam hat die SUV-Welle auch den letzten echten Geländewagen vom Markt gespült. Nur ein Auto hält sich tapfer und trotzt dem Trend zur Weichspülerei: die Mercedes G-Klasse. Fast 40 Jahre nach seiner Premiere fährt der Vierkant aus Graz von einem Verkaufsrekord zum nächsten. Und statt den Klassiker so langsam auf die Altersruhezeit vorzubereiten, erfindet Mercedes die Mutter aller deutschen Geländewagen sogar noch einmal neu: Während Land Rover an der Nachfolgeregelung für den Defender schier verzweifelt, bringen die Schwaben im Juli eine komplett neue G-Klasse an den Start und machen den Dinosaurier damit fit für die Zukunft.
Noch bevor in Detroit Ende der nächsten Woche endgültig das Tuch gezogen wird, haben die Entwickler bereits zu einer Mitfahrt gebeten und dabei zumindest ein paar Details aus dem nächsten Kapitel der unendlichen G-schichte verraten. Demnach wird der steirische Vierkant zwar von außen beinahe genauso aussehen wie früher – selbst wenn er ein paar Zentimeter in die Länge und die Breite geht und deshalb innen endlich ein bisschen mehr Platz bietet und damit vor allem den Hinterbänklern entgegenkommt. Schließlich kann keine Tarnfolie der Welt den eckigen Look des kantigen Klassikers verbergen, die kreisrunden Scheinwerfer und die Blinker, die allen Crash-Anforderungen zum Trotz auch weiter wie Krokodilsaugen auf der Motorhaube thronen. Dass die Frontscheibe mittlerweile ganz leicht gebogen ist, erkennt man nur aus nächster Nähe. Und auch das Ersatzrad bleibt weiter von außen an der senkrechten Hecktür angeschlagen.
Doch unter dem Blech haben die Schwaben eine kleine Revolution angezettelt. Denn zum ersten Mal bekommt die G-Klasse so etwas wie ein modernes Fahrwerk. „Wir montieren vorne eine Einzelradaufhängung, haben eine neue Lenkung und eine Verstelldämpfung“, sagt Baureihenleiter Gunnar Güthenke und stellt damit deutlich mehr Komfort auf der Straße in Aussicht. Das ist auch bitter nötig. Denn während der G-Klasse im Abseits auch nach vier Jahrzehnten noch keiner etwas vormacht, war das Fahrverhalten bislang – nun ja – eher mäßig. Selbst die erste M-Klasse von 1997 war komfortabler und spurstabiler als die letzte Evolutionsstufe der G-Klasse. Vom Vergleich mit modernen Modellen wie dem GLE oder dem GLS ganz zu schweigen.
Aber der Mercedes-Mann weiß um das Risiko, dass sein Riesenbaby plötzlich als verweichlicht gelten könnte. Schließlich haben schon ganz andere Autos diesen Flirt mit dem Alltag verloren. Deshalb schwört er Stein und Bein, dass die G-Klasse im Gelände dafür keine Kompromisse macht. In der Theorie nicht, weil zumindest der Leiterrahmen, die Getriebeuntersetzung und die drei 100-prozentigen Sperren so unverrückbar zur G-Klasse gehören wie der Stern im eckigen Grill. Und in der Praxis nicht, weil trotz des größerem Radstandes und der breiteren Spur alle im Gelände relevanten Werte sogar noch einmal besser geworden sind: „Bodenfreiheit und Wattiefe, Rampen- und Böschungswinkel – überall haben wir beim Generationswechsel noch ein paar Punkte rausgeholt“, schwärmt Güthenke, während er seinen Prototyp über einen 5,6 Kilometer langen Marterpfad auf den Grazer Hausberg Schöckl prügelt: „Wie seit bald 40 Jahren wird auch die neue G-Klasse Wege eröffnen, wo es bislang keine gegeben hat.“

Im Innenraum haben die Schwaben den Mercedes G neu erfunden. Die ganz neu designte Instrumententafel beinhaltet serienmäßig zeitlose analoge Tuben als Rundinstrumente, wie in E- und S-Klasse kommen als Kombiinstrument auf Wunsch ein großes Display mit virtuellen Instrumenten sowie ein Zentraldisplay über der Mittelkonsole zum Einsatz. Optisch verschmelzen zwei 12,3 Zoll-Displays unter einem gemeinsamen Deckglas zu einem Widescreen-Cockpit.

DAIMLER

Dabei wird sich der Fahrer allerdings leichtertun als je zuvor, sagt der Chef der Mercedes-Geländewagensparte und fährt ganz lässig über Stock und Stein. Während sich der Kopilot am traditionellen Haltebügel vor dem Beifahrersitz festklammert, bis die Knöchel beinahe weiß werden, greift der Grazer Statthalter nur mit den Fingerspitzen ans Lenkrad und demonstriert so die neue Lässigkeit des Klassikers. Denn seit die Entwickler den sogenannten „G-Mode“ programmiert haben, der Schaltung und Lenkung, Motorcharakteristik und Verstelldämpfung automatisch aufs Schlimmste vorbereitet, schluckt die G-Klasse selbst gröbste Übel locker weg und ringt dem Fahrer kaum mehr als ein Lächeln ab.
Aber es ist nicht nur das neue Fahrprofil, das die Klettertour auf den Schöckl zu einem gemütlichen Spaziergang macht. Denn beim Abenteuer im Unterholz profitiert man auch vom neuen Cockpit. Schon möglich, dass Traditionalisten das Interieur aus E- und S-Klasse trotz der augenzwinkernden Spielereien wie der Lautsprecher im Stil der Blinker oder der Übernahme von Sperren-Schalter und Haltebügel ein bisschen zu verspielt ist. Doch ohne das Widescreen-Cockpit mit den riesigen Monitoren gäbe es auch keine neue 360-Grad-Kamera, mit der man den G beim Trail zwischen Felsbrocken und Baumstämmen aus allen Perspektiven betrachten kann. Und wenn man ehrlich ist, kann man auch den ans Lenkrad gerückten Schalthebel verkraften, wenn es dafür jetzt endlich ein paar vernünftige Ablagen gibt.
Die neue G-Klasse bietet mehr Komfort und Kontrolle, fährt auf der Autobahn endlich gemütlich und vor allem geradeaus und bleibt sich im Gelände trotzdem treu – so will Mercedes die alten Kunden bei der Stange halten und gleichzeitig neue Käufer gewinnen. Das ist auch bitter nötig, sagt der Automobilwirtschaftler Stefan Bratzel: „Die klassischen Geländewagen müssen sich neu erfinden, um nicht Opfer ihres eigenen Erfolgs zu werden“, ist der Professor überzeugt. Nur so könnten Mercedes & Co auch genügend neue Kunden für die „Klassiker“ begeistern und solche Autos am Markt halten. Nur mit Traditionalisten werde das nicht gelingen, glaubt Bratzel: „Denn die früheren Käufer haben bald ihr letztes Fahrzeug abgeholt.“
Quelle.http://www.kleinezeitung.at

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