18.September 2014
Das Arbeitsmarktservice vermittelt seit 20 Jahren Arbeit – doch gerade Jobsuchende kritisieren wiederholt das System.
Die aktuelle Lage lädt nicht gerade zum Feiern ein. Ende August waren in Österreich mehr als 350.000 Menschen als arbeitslos gemeldet. Die monatlichen Statistiken sprechen seit mehr als zwei Jahren eintönig von Zuwächsen und trüben Aussichten. Und die Tonart der Bilanzen und Prognosen wird sich auch in den kommenden Monaten kaum ändern.
Feierstimmung kam gestern in der Wiener Wirtschaftskammer (WK) dennoch auf, als die Spitzen der WK, der Gewerkschaft, der Arbeiterkammer und der Industriellenvereinigung dem Arbeitsmarktservice (AMS) zum 20-jährigen Bestehen gratulierten. Bis 1994 ging man als Jobsuchender auf das Arbeitsamt, seither wird man vom AMS vermittelt. Aus dem Verwaltungsapparat sei eine Servicegesellschaft geworden, lautet die Botschaft, die den Wandel in eine moderne Institution verdeutlichen soll.
WK-Präsident Christoph Leitl streut dem AMS Blumen, wenn er dessen Arbeit schlicht als „hervorragend“ einstuft. Warum so lobend? „Das Vermitteln von Arbeit gelingt in Österreich sehr gut“, sagt Leitl auf Anfrage der Kleinen Zeitung. „Gemeinsam mit den Partnern des AMS wird viel gemacht, um Arbeitslosigkeit vorzubeugen.“
„Von Proporz getrieben“
Einen viel kritischeren Blick auf das System wirft Martin Mair. Der Obmann des Wiener Vereines „Aktive Arbeitslose“ sieht im AMS nach wie vor einen riesigen, vom Proporz getriebenen Apparat, der seine Klienten verwaltet. „Das Übel ist, dass die Statistik im Vordergrund steht“, kritisiert Mair. „Dem AMS geht es um das Vermeiden von Langzeitarbeitslosigkeit. Bevor jemand als Langzeitarbeitsloser gilt, wird ihm ein Kurs aufgebrummt, und wenn man Glück hat, passt der Kurs zu den Bedürfnissen des Arbeitssuchenden.“ Der Verein moniert außerdem, dass Arbeitssuchende zu wenig über ihre Rechte informiert würden, fordert die Installierung eines Arbeitslosenanwalts und freie Kurswahl.
150 Kursanbieter
Zwischen dem AMS und der „Kursindustrie“ ortet Mair zu viele Verflechtungen in den SPÖ-nahen Bereich. Tatsächlich ist das Abhalten von AMS-Kursen zu einem Geschäftsmodell geworden; in Österreich gibt es derzeit rund 150 Unternehmen, die im Auftrag des AMS Kurse anbieten. Arbeitssuchende kritisieren aber immer wieder die Zuteilung und Inhalte der Kurse. Das AMS verteidigt sein Vorgehen naturgemäß: Vier von fünf Schulungen seien „echte“ Aus- und Weiterbildungen, sagt Vorstand Johannes Kopf. Das AMS zwinge niemanden zur Teilnahme, sondern „der Gesetzgeber stellt die Regeln für den Bezug von Arbeitslosengeld auf“.
Ginge es nach WK-Präsident Leitl, würde er die Sanktionen „für Leute, die sich in der Arbeitslosigkeit zu wohl fühlen“, sogar noch verschärfen – ohne Details zu nennen. „Wer arbeitsfähig ist, soll auch arbeiten, auch im sozialen Dienst“, verweist Leitl aber auf ein Modell in Dänemark.
Indes arbeitet das AMS daran, seine Beratungstätigkeit weiter zu verbessern. Ausgebaut werden soll das Angebot der Internet-Eigenrecherche für Jobsuchende. Unter dem Titel „Skill-Matching“ werden derzeit 14.000 Berufe auf 700 reduziert, für die es künftig (ab 2016) Befähigungslisten gibt, mit denen die Suchenden die passende Arbeitsstelle finden sollen.
Die Befähigungslisten sollen helfen zu erkennen, welche Fähigkeiten für die angestrebten Jobs noch fehlen bzw. welche verwandten Berufe ebenfalls infrage kommen könnten.
Quelle https://www.kleinezeitung.at/karriere/3872265/20-Jahre-AMS_Das-Geschaeft-mit-der-Arbeitslosigkeit