24.02.2020
AMS-Algorithmus kostet 1,8 Millionen Euro
Das Ministerium hat die Kosten für die Entwicklung des Arbeitsmarktchancen-Modells offengelegt.
AMS-Sachbearbeitern wird ab Juli 2020 per Computer angezeigt, wie es um die Jobchancen ihrer Kunden steht. Nun hat das zuständige Ministerium die Kosten für die Entwicklung des Systems offengelegt. In der parlamentarischen Anfragebeantwortung von Familienministerin Christine Aschbauer (ÖVP) heißt es, dass die Entwicklung „zirka 1,8 Millionen Euro“ gekostet habe. Die jährlichen Kosten für Wartung und Pflege des Systems liegen bei zirka 61.000 Euro.
Arbeitslose Menschen werden vom AMS-Algorithmus in 3 Gruppen eingeteilt: Im Segment A befinden diejenigen, die so gute Chancen haben, dass sie von alleine wieder Arbeit finden. Im Segment B landen diejenigen mit mittleren Integrationschancen in den Arbeitsmarkt. In der Gruppe C werden den Sachbearbeitern Personen angezeigt, denen man eher geringe Chancen gibt, wieder von selbst am Arbeitsmarkt Fuß zu fassen.
An dem System gab es bereits heftige Kritik von Wissenschaftlern und anderen Organisationen. Es sei „diskriminierend“, weil Frauen vom Computersystem Abzüge bekommen, speziell dann, wenn sie auch Betreuungspflichten nachkommen müssen. Schlechtere Chancen zugeschrieben bekommen auch Menschen mit chronischen Krankheiten und Personen über 50 Jahren.
© Bild: Kurier / Jeff Mangione
Wird jemand benachteiligt?
Die netzpolitische Sprecherin der SPÖ, Katharina Kucharowits, wollte mit der Anfrage an die zuständige Ministerin vor allem wissen, ob es zu Benachteiligungen von diesen Personengruppen kommen werde. Denn schließlich sei bekannt, dass Menschen mit schlechten Chancen in eine eigene Beratungs- und Betreuungseinrichtung ausgelagert werden sollen, anstatt Förderungen zu erhalten. Dies wurde vonseiten des Ministeriums nun auch bestätigt. Allerdings soll es „ergänzend“ zum Extra-Betreuungsprogramm auch geplante Fördermaßnahmen für benachteiligte Personen geben. So gebe es ein „arbeitsmarktpolitisches Frauenprogramm“, sowie ein spezielles Maßnahmenpaket für Menschen mit Behinderung und älteren Personen. Für diese Personen seien „zahlreiche Förderinstrumente reserviert“, heißt es. Näheres wurde zu diesem Punkt nicht bekanntgegeben.
Für Kucharowits ist dies zu wenig. „Die Beantwortung lässt einiges offen und ist für mich unzureichend“, sagt die SPÖ-Abgeordnete zur futurezone. „Uns ist wichtig, dass die, die Unterstützung benötigen, diese auch wirklich bekommen und keine Kürzungen vorgenommen werden“, sagt Kucharowits. Doch dies lässt sich aus der Anfragebeantwortung nicht wirklich herauslesen, zu vage sind die Formulierung zu den Förderungen. Auch eine genaue Aufschlüsselung, für welche Gruppe wie viel Fördergelder zur Verfügung stehen soll, fehlt.
Laut Ministerin Aschbacher versuche das Modell „Ungleichheiten am Arbeitsmarkt auszugleichen und besser und individuell auf die speziellen Bedürfnisse von Zielgruppen einzugehen“. Doch genau das sehen Wissenschaftler komplett anders. Sie befürchten, dass durch den AMS-Algorithmus bestehende Ungerechtigkeiten am Arbeitsmarkt festgeschrieben und damit noch verstärkt werden. „Der Algorithmus berechnet also nicht die Chancen, die ein Individuum am Arbeitsmarkt hat, sondern die strukturelle Benachteiligung, die Menschen mit gleichen Dateneinträgen in der Vergangenheit widerfahren ist“, kritisierte die Wissenschaftlerin Paola Lopez, Mathematikerin an der Universität Wien.
Quelle https://futurezone.at/netzpolitik/ams-algorithmus-kostet-18-millionen-euro/400763295