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AMS-Kurs als Geschäftsmodell

17.09.2014

AMS-Kurs als Geschäftsmodell

Seit 20 Jahren nimmt das Arbeitsmarktservice (AMS) die Vermittlerrolle zwischen Arbeitssuchenden und Arbeitgebern ein. Aus einem Verwaltungsapparat ist eine Servicegesellschaft geworden, die sich laufend auf sich verändernde Erfordernisse auf dem Arbeitsmarkt einzustellen hat. Das betrifft auch die vielen vom AMS vermittelten Schulungen. Nicht die einzige Systematik hinter der Einrichtung, die stets von Kritik begleitet ist.Auf Facebook teilenAuf Twitter teilenAuf Google+ teilen

Österreichweit gibt es etwa 150 Unternehmen, die vom AMS beauftragt Kurse anbieten. Für diese Firmen – die Bandbreite reicht von Sprachinstituten über verschiedene Vereine bis hin zu den vielen EDV-Schulungszentren – nimmt ein Auftrag vom AMS in den meisten Fällen eine gewichtige Rolle ein. Das Abhalten der AMS-Kurse ist dadurch faktisch zu einer Art Geschäftsmodell geworden.

Laut AMS lassen sich diese Schulungsunternehmen „nicht in Berufssparten einteilen“, weil sie ein „sehr weites Spektrum an Qualifizierungen anbieten“, wie es heißt. Generell gibt es bei der Suche nach einem Kursanbieter ein Ausschreibungsverfahren, das qualitativen und inhaltlichen Anforderungen folgt und bei dem der Bestbieter den Zuschlag bekommt, wie das AMS betont. Doch oft spießt es sich nach Ansicht vieler Arbeitssuchender sowohl am Inhalt der Kurse als auch an der Zuteilung.

Viele „sinnlose“ Kurse?

So traten regelmäßig Beschwerden von Arbeitssuchenden auf, einen Kurs besuchen zu müssen, den sie für ihre Zwecke als ungeeignet empfanden – Kritiker sprachen von „sinnlosen“ Kursen. Ein Umstand, auf den das AMS nach eigenen Angaben reagiert hat: „Das AMS bemüht sich einerseits die Auswahl der Schulungsteilnehmer für einen konkreten Kurs zu verbessern und andererseits Kursinhalte in individualisierter und modularer Form anzubieten“, hieß es auf ORF.at-Anfrage.

Letzteres treffe auf die häufigsten Lehrberufe zu, für die das AMS eine Ausbildung mit Lehrabschluss anbiete. So hätten Arbeitssuchende mit den langen Ausbildungen ein Problem gehabt, weil sie nicht so lange vom Arbeitslosengeld leben wollten. Oder die Arbeitssuchenden fanden während des Kurses einen Job und brachen diesen folglich ab. Mit der Modullösung erwerben sie in mehreren Schritten Zeugnisse, auf denen – wenn der Betroffene wieder arbeitslos wird – die weitere Ausbildung aufbauen kann.

Hinsichtlich unpassender Zuteilungen zu Kursen würden Berater besser geschult, heißt es vom AMS. Überhaupt sei die Ausbildung der AMS-Mitarbeiter stark professionalisiert worden, wie AMS-Vorstand Herbert Buchinger gegenüber der APA betonte. Früher seien sie von älteren Kollegen nebenbei eingeschult worden, nun mache jeder Berater eine 42-wöchige Ausbildung in der AMS-Akademie in Linz. Nur noch 800 der 5.500 Berater seien beamtet. Der Arbeitsplatz AMS scheint jedenfalls sehr attraktiv zu sein – auf eine freie Beraterstelle kommen den Angaben zufolge 50 Bewerber.

Kritik an aufgehübschten Zahlen

Auch auf Kritik – unter anderen vom Rechnungshof -, wonach die Kurse in manchen Fällen qualitativ mangelhaft seien, habe man reagiert. Einerseits gebe es Kontrollen des jeweiligen Kursanbieters durch das AMS. So sei am Eröffnungstag des Kurses ein AMS-Mitarbeiter da, der kontrolliert, ob die Ausstattung und die Ausbildung der Trainer die Versprechungen erfüllt. Andererseits werden alle Kursteilnehmer zur Zufriedenheit mit den angebotenen Kursen befragt, wobei das AMS hinsichtlich der Gesamtevaluation auf einen „sehr guten Wert“ verweist.

Eine generelle Kritik trifft weniger die Kursinhalte selbst als das Modell hinter den Schulungen. Denn jene Arbeitssuchenden, die einen AMS-Kurs absolvieren, werden in der Arbeitslosenstatistik nicht berücksichtigt. Kritiker sehen darin seit jeher eine Verfälschung bzw. eine künstliche Schönung der Arbeitslosenzahlen auf dem Rücken der Arbeitssuchenden.

Jobsuche nicht mehr nach Beruf

In naher Zukunft will sich das AMS anders als bisher aufstellen – die Betreuer sollen in den Hintergrund rücken. Der Schwerpunkt soll künftig auf der Eigenrecherche im Internet liegen, wie es heißt. Unter dem Projektbegriff „Skill-Matching“ werden derzeit 14.000 Berufe auf 700 reduziert, für die es künftig Befähigungslisten gibt, mit denen die Suchenden den passenden Job finden sollen. Erst wenn die Eigenrecherche nicht zum gewünschten Ergebnis führt, soll der AMS-Berater aktiv werden. Geplanter Start für das „Skill-Matching“ ist Mitte 2016.

Mit Hilfe der Befähigungslisten sollen die Suchenden besser erkennen, welche Fähigkeiten ihnen für die angestrebten Jobs noch fehlen bzw. in welchen verwandten Berufen sie mit ihrem Können ebenfalls gefragt sind, wie es beim AMS heißt. Diese Befähigungslisten sollen durch die laufende Beobachtung der Stelleninserate an den Bedarf der Wirtschaft angepasst werden – das AMS verweist zudem auf jährlich stattfindende Gespräche mit Vertretern der neun wichtigsten Branchen in Österreich. Auf Grundlage der Ergebnisse daraus werden etwa Kurslisten erstellt.

Das AMS passt sich damit der stetig steigenden Dynamisierung des Arbeitsmarktes an, so AMS-Vorstand Buchinger. Der lebenslange Job bei einem Arbeitgeber werde immer seltener, die Phasen kurzer Arbeitslosigkeit hingegen üblich. Eine Folge daraus ist, dass Arbeitslosigkeit nicht mehr als Katastrophe gesehen werde, sondern als Bestandteil des Berufslebens.

Neue Herausforderungen

Große Veränderungen ortet das AMS in Sachen Lehre. Früher sei ein Großteil der Jugendlichen in die Lehre und nicht in weiterbildende Schulen gegangen. Das habe sich gedreht – und von denen, die nicht weiter die Schulbank drücken, seien viele ohne Schulabschluss. Dazu komme, dass die Ausbildungsbetriebe weniger bereit seien, Erziehungsaufgaben wie Grüßen und Pünktlichkeit übernehmen zu wollen.

Quelle https://orf.at/v2/stories/2245768/2245769/

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