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Arbeit & Freizeit Schwarz-Blau: Mehr Arbeit, weniger Geld, weniger Urlaub?

Mehr Arbeit, weniger Geld, weniger Urlaub – und eine geschwächte Interessensvertretung. So in etwa lassen sich die Vorhaben einer möglichen ÖVPFPÖ-Koalition mit Kurz und Strache in Sachen Arbeits- und Sozialpolitik zusammenfassen, wenn man sich ihre Programme ansieht. Wir geben einen Überblick, was ArbeitnehmerInnen in Österreich unter Schwarz-Blau bevorstehen würde.

1. 12-Stunden-Tage ohne Überstundenzuschläge

Der ÖVP-Wirtschaftsbund wie auch die Freiheitliche Wirtschaft (FW) treten für eine Ausweitung der Tageshöchstarbeitszeit auf 12 und der Wochenhöchstarbeitszeit auf 60 Stunden ein. Propagiert wird das als „Flexibilisierung“. Tatsächlich könnte mit so einer Ausweitung der 12-Stundentag Normalität werden.

Die Forderung, die Maximalarbeitszeit von zehn auf zwölf Stunden zu erhöhen, kommt vor allem von Unternehmerseite. Darunter ist auch die sogenannte Tiroler Adler Runde, ein Zusammenschluss von 42 Tiroler Unternehmern. Ihre Forderung: ArbeitnehmerInnen sollen ständig und möglichst lange verfügbar sein. Die Unterberger Beteiligungs GmbH sowie die IGO Industries GmbH von Klaus Ortner sind Mitglieder der “Runde” und gehören zu den Großspendern von Sebastian Kurz.

2. Wer krank wird, dem bleibt weniger Urlaub

Geht es nach dem Strache-Stellvertreter Manfred Haimbuchner, soll der erste Tag eines Krankenstandes automatisch als „Urlaub“ verbucht werden. In seinem Buch „Mut zur Wahrheit“ sammelt er Ideen wie massive Kürzungen bei der Mindestpension von 870 auf 650 Euro und hohe Selbstbehalte in der Gesundheitsversorgung. Außerdem sollen Krankenstandstage als Urlaub gewertet werden und so die Urlaubsansprüche reduzieren:

Der erste Tag jedes Krankenstandes wird als Urlaubstag gewertet. Damit wird das in manchen Betrieben verbreitete Krankfeiern an Montagen oder nach üppigen Festen eingebremst.“

Die FPÖ unterstellt ArbeitnehmerInnen pauschal, Krankheiten vorzutäuschen und sich vor der Arbeit zu drücken. Die Realität ist eine ganz andere: Mindestens jeder dritte Arbeitnehmer geht hierzulande krank in die Arbeit, wie die Arbeiterkammer Oberösterreich erhoben hat. Gründe sind zu wenig Personal in Kombination mit vielen anstehenden Aufgaben, sowie – im Fall prekär Beschäftigter – die Sorge, bei Abwesenheit den Job zu verlieren.

3. Die Wahrscheinlichkeit, die Pension genießen zu können, sinkt

Im Raum steht eine „Pensionsautomatik“. Das bedeutet, dass das Pensionsantrittsalter an die durchschnittliche Lebenserwartung angepasst wird. Dabei wird nicht zwischen individuellen Lebenssituationen unterschieden. Auch wenn der Durchschnitt der Bevölkerung älter wird, sind die Belastungen nicht gleich verteilt. Menschen, die in Berufen mit großer körperlichen Anstrengung arbeiten, können mit 70 einfach nicht mehr arbeiten. Rudolf Taschner von der ÖVP findet jedoch, man bis 70 sehr wohl arbeiten sollte.

Außerdem würde die Automatik eine schon existente Ungerechtigkeit verschärfen. Eine aktuelle Studie aus Deutschland zeigt: Wer von Armut betroffen oder bedroht ist, stirbt bis zu zehn Jahre früher als wohlhabende Menschen. Arme Männer haben eine Lebenserwartung von 70,1 Jahren, wohlhabende Männer von 80,9 Jahren. Bei Frauen liegen die Zahlen bei 76,9 Jahren und 85,3 Jahren. Das ergibt eine Differenz in der Lebenserwartung von etwa 10 Jahren.

Dr. Thomas Lampert vom Robert Koch Institut folgert daher:

Bei chronischen Erkrankungen, Herzinfarkten und Schlaganfällen ist das Erkrankungsrisiko für ärmere Menschen um bis zu drei Mal höher. Die Gründe für diese Schieflage sind psychischer Stress durch Existenzängste, schlechte Arbeitsbedingungen und eingeschränkte Teilhabe an der Gesellschaft.

4. Versicherungsschutz nur für die, die es sich leisten können

Schon die erste Auflage von Schwarz-Blau wollte eine Versicherungspflicht statt einer Pflichtversicherung bei der Krankenversicherung. Die Umsetzung gelang glücklicherweise nicht. In einer Neuauflage dieser Koalition könnte dafür ein neuer Anlauf bevorstehen.

Was steckt hinter dieser Forderung? Statt automatisch versichert zu sein und dafür Beiträge zu leisten, sollen sich ArbeitnehmerInnen einfach privat versichern. Privat versichert sein klingt vielleicht cool und nach Wahlfreiheit, ist allerdings trügerisch:

    • Die finanziellen Leistungen für die ArbeitnehmerInnen sind dem Markt mitsamt seinen Krisenerscheinungen ausgeliefert
    • Die Höhe der Prämien kann stark variieren: Wer älter ist, müsste mehr zahlen, wer eine chronische Krankheit hat, ebenso. Je prekärer die Situation, desto teurer der Versicherungsschutz. Das trifft jene mit kleinen Einkommen besonders hart.
    • Die Leistungen hängen von der gewählten Prämienhöhe ab, systematische “Zwei-Klassen-Medizin” ist die Konsequenz.

Wem nützt das alles? In erster Linie der Versicherungsbranche. Sie bekommen ein neues Produkt und können es am sogenannten freien Markt anbieten. Nur dass die ArbeitnehmerInnen gezwungen sind ein Angebot anzunehmen. Wer mehr zahlen kann, kriegt mehr Leistung.

5. Schwächung der Arbeiterkammer

Schwarz-Blau würde einen Kahlschlag bei Arbeits- und Sozialrechten bedeuten. Klarerweise würde sich im Falle der genannten Vorhaben Widerstand regen – vor allem von Seiten der Gewerkschaft und der Arbeiterkammer. Um ein derartiges Aufbäumen zu verhindern, attackieren ÖVP und FPÖ diese schon jetzt. Sie wollen schlagkräftige Institutionen, die aufbegehren könnte, schwächen.

So hat Heinz-Christian Strache das Ende der Pflichtmitgliedschaft bei der AK gefordert. Die FPÖ weiß: Die freiwillige Mitgliedschaft in der Arbeiterkammer ist eine hohe Schwelle. Und gerade Menschen, die wenig über die AK wissen, würden vielleicht verzichten, beizutreten. Und genau das will man: Wer über wenig Ressourcen verfügt, kann seine Rechte kaum mehr einfordern und ist Wirtschaftsinteressen schutzlos ausgeliefert. Wer die AK schwächen will, will Arbeitnehmerrechte abbauen.

Quelle. https://kontrast.at

 

 

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