Schweden verfolgte eine vollkommen andere Strategie in der Corona-Krise als die meisten anderen westlichen Staaten. Jetzt zeigt sich, wer Erfolg hatte.
2 . September 2020
Coronavirus Schweden hängt „Lockdown“-Staaten ab: Kaum Neuinfektionen, kaum Tote
Im April verlautete das Bundeskanzleramt, „gemeinsam schaffen wir es, die Kurve flach zu halten.“ Durch weniger Corona-Fälle zur selben Zeit sollte das Gesundheitssystem nicht überlastet werden, vor allem im intensivmedizinischen Bereich, wo die Bettenzahl begrenzt und auch nicht allzu schnell zu steigern ist. Nachdem es zu keinem Zeitpunkt aber auch nur annähernd durch Corona-Patienten gestürmt wurde, ist das Argument der „flachen Kurve“ völlig aus den Medien verschwunden. Seither gilt es, Infektionen zu verhindern, egal bei wem.
Zwei konträre Lösungsansätze
Sollte in Österreich ein Corona-Impfstoff zugelassen werden, werde dieser sicher sein, erklärte Bundeskanzler Sebastian Kurz in seiner Rede an die Bevölkerung Ende August. Er wünscht sich – wie die Pharmaindustrie –, dass die Überwindung von Covid-19 mittels Impfungen erreicht wird.
Schweden ging einen anderen Weg und setzte von Anfang an auf das Ziel, eine Herdenimmunität zu erreichen. Auch der neue Corona-Berater von US-Präsident Donald Trump will laut Washington Post jetzt die Strategie der Herdenimmunität in den USA verfolgen.
Statt Abschottung bewusste Infektionen
Die Idee der Herdenimmunität besagt, den Großteil der Menschen mit einer Immunität gegen das Coronavirus auszustatten. Statt die Ausbreitung des Virus mit Kontaktverboten und Freiheitseinschränkungen zu verhindern, sollen die Menschen Abwehrkräfte entwickeln. Pflegeheime und ähnliche Einrichtungen mit Risikopatienten werden jedoch geschützt. Eine signifikant höhere Zahl der Todesopfer solle es nicht geben. Wenn mindestens 60 Prozent der Bevölkerung immun gegen Covid-19 sind, wäre die Corona-Krise überwunden.
Lockerheit statt „Lockdown“
Schweden hatte weder einen Lockdown noch eine Maskenpflicht noch Quarantäne für Einreisende verhängt. Von Anfang an setzte man auf Eigenverantwortung statt auf harte Maßnahmen mit dem Ziel der Herdenimmunität. Dafür wurde Schweden viel gescholten.
Schweden hängt „Lockdown“-Staaten ab
Zwar ist die Covid-19-Todesrate Schwedens mit 57 pro 100.000 Einwohner höher als in vielen anderen Ländern. Aber die Neuinfektionen und Todesfälle gehen seit Juni deutlich zurück und sind teils sogar ganz zum Stillstand gekommen. Der Generaldirektor der schwedischen Gesundheitsbehörde, Johan Carlson, erklärte diese Entwicklung in einem Interview mit der Zeitung Svenska Dagbladet:
Wir sind eines der wenigen Länder mit einer geringen Zunahme der Infektionen, im Unterschied zu anderen Ländern in Europa, wo die Infektionen stark ansteigen.
Insbesondere Länder, die sehr früh den „Lockdown“ verhängt hatten, seien von steigenden Infektionszahlen betroffen. „Ich nenne es den Champagnerkorken-Effekt“, sagte Carlson.