Vorlage der Innenminister stößt bei Opposition auf empörte Kritik.
Ermittler sollen künftig auf Daten aus dem privatesten Lebensbereich
von Verdächtigen zugreifen können: Die deutschen Innenminister von Union
und SPD wollen Aufzeichnungen etwa von Sprachassistenten wie Alexa oder
sogenannten smarten Fernsehern und Kühlschränken als Beweismittel vor
Gericht zulassen.
Diese „digitalen Spuren“ würden für die
Strafverfolgung „immer wichtiger“, sagte ein Sprecher des
Bundesinnenministeriums am Mittwoch in Berlin. Allerdings gibt es
massive Kritik.
Opposition schlug Alarm
Während der Sprecher des Innenressorts hervorhob, solche Spuren dürften
Ermittlern „nicht verschlossen bleiben“, schlug die Opposition Alarm.
Der FDP-Innenexperte Benjamin Strasser warnte vor einem „ausufernden
Schnüffelstaat“, der Zugriff „auf privateste Kommunikation und
Lebensbereiche“ beanspruche. Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz
sprach von „millionenfachen Wanzen in unseren Wohnungen“. Die
AfD-Digitalpolitikerin Joana Cotar warnte vor einer
„Überwachungsgesellschaft“, die „Orwellsche Zustände“ übertreffe.
Erhebliche
Vorbehalte äußerte auch der Bundesbeauftragte für den Datenschutz, der
SPD-Politiker Ulrich Kelber. „Gerade wenn es im Wesentlichen um
Informationen, Gespräche oder sogar Videos aus Wohnungen und anderen
privaten Orten geht, lägen hierin besonders gravierende
Grundrechtseingriffe“, warnte er in den Zeitungen des
Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND – Donnerstagsausgaben). Statt bei
rückläufigen Kriminalstatistiken immer weiter über „verfassungsrechtlich
bedenkliche Kompetenzerweiterungen“ nachzudenken, sollten die
Innenminister lieber daran arbeiten, „bestehende Vollzugsdefizite zu
evaluieren und zu beheben“.
Der ehemalige
Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar sagte den RND-Zeitungen: „Die
Innenminister haben offenbar jedes Maß verloren.“ Schaar sprach von
einem „Frontalangriff auf unsere Privatsphäre“.
Alexa & Co. sammeln permanent wertvolle Daten
Die Neuregelung ist in einer Beschlussvorlage der Unions- und SPD-Innenminister für die Innenministerkonferenz (IMK) in der kommenden Woche enthalten, wie die RND-Zeitungen am Mittwoch berichteten. Fernseher, Kühlschränke oder Sprachassistenten wie Alexa, die mit dem Internet verbunden sind, sammelten permanent wertvolle Daten, die für Sicherheitsbehörden von Bedeutung sein könnten, zitierte das Redaktionsnetzwerk aus der Vorlage. Diese digitale Spuren sollten aber nur mit richterlicher Anordnung ausgewertet werden dürfen.
Der Sprecher des deutschen Innenministeriums räumte ein, dass mit der Vorlage „eine ganze Reihe von Bedenken“ verbunden sei. Für die Auswertung von Daten aus smarten Heimgeräten gebe es noch keine Rechtsgrundlage. Ausdrücklich verwies auch er auf Datenschutzbedenken. Bei der Vorlage für die IMK handle es sich nur um einen „ersten Einstieg in die Diskussion“.
Bewusster Umgang notwendig
Das Justizministerium mahnte die Bürger zu einem bewussten Umgang mit solchen Geräten. Jeder, der Alexa oder andere Sprachassistenten in seiner Wohnung nutze, müsse wissen, „dass natürlich immer die Gefahr besteht, dass jemand mithört und Daten generiert werden“, sagte ein Ministeriumssprecher. „Sie können in vielerlei Hinsicht verwendet werden und theoretisch auch von Strafverfolgungsbehörden beschlagnahmt werden.“
Quelle https://www.oe24.at/digital/Alexa-hoert-mit-Ermittler-sollen-Zugriff-auf-Daten-erhalten/383308287