ÖVP und Grüne mit Nacht-und-Nebel-Gesetzesänderung
„Verpflichtende Corona-App durch Hintertüre“ befürchtet
In einer Hauruckaktion brachten ÖVP und Grüne am Donnerstag eine Änderung des Epidemiegesetzes ein. Das Gesetz sieht bis Ende 2021 ein „Screeningprogramm“ vor, das die Ermittlung von Corona-betroffenen Regionen ermöglichen soll. Zahlreiche persönliche Daten sollen in einem Register gespeichert werden. Dieses erlaubt den Ausschluss „bestimmter Personengruppen“ von Veranstaltungen. Die Opposition rotiert.
Wien, 24. April 2020 | Eine Begutachtung der umstrittenen Gesetzesnovelle durch die Opposition wurde ebenfalls von den Regierungsparteien abgelehnt.
Nicht einmal in einer der zahlreichen Pressekonferenzen der Regierung wird die Novelle des Epidemiegesetzes vorgestellt. Laut ÖVP heißt es dazu, dass man rasch handeln müsse, damit die im Gesetz fixierte neue „Containment-Strategie“ rechtzeitig zur „Öffnung“ nach der Coronakrise in Kraft sei.
Zahlreiche persönliche Daten in Register sollen erfasst werden
Laut Gesundheitsministerium seien die Screenings nötig, um Situationen in Altersheimen zu überprüfen. Zudem können bestimmte Bevölkerungsgruppen oder Berufsgruppen untersucht werden. Die Ergebnisse werden bis Ende 2021 in einer Datenbank, dem Screeneingregister, gespeichert.
Erfasst werden hierbei Identifikationsdaten (Name, Geschlecht, Geburtsjahr, bereichsspezifisches Personenkennzeichen), Kontaktdaten (Wohnsitz, Telefonnummer, E-Mail-Adresse), Daten zur epidemiologischen Auswertung (Region des Aufenthalts, Art der Berufsausübung, Ort der Berufsausübung), eine Probe-ID sowie das Testergebnis. Quarantäne-Bescheide können zudem per Telefon erteilt werden. Laut Gesetz basiert die Teilnahme auf Freiwilligkeit.
Weiters ist den Behörden erlaubt, Veranstaltungen zu verbieten beziehungsweise Personengruppen von diesen auszuschließen.
„Verpflichtende Corona-App durch die Hintertüre“
Die Opposition ist angesichts der Hauruckreform alarmiert. Der SPÖ-Gesundheitssprecher Philip Kucher befürchtet in einer Aussendung eine „verpflichtende Corona-App durch die Hintertür“.
„Coronavirus-Bekämpfung ja, Blankoschecks für Eingriffe in Grundrechte der Bevölkerung nein.“
Kucher sieht weiters die Grundrechte der in Österreich lebenden Menschen schwer beeinträchtigt:
„Man knallt uns tiefgreifende Eingriffe in die Grundrechte der Menschen vor die Nase, die zeitlich unbegrenzt sind, und das auch noch ohne Begutachtung durch Expertinnen und Experten. Das geht so nicht.“
Regierungsparteien lehnen Überprüfung ab
Die drei Oppositionsparteien SPÖ, FPÖ und NEOS fühlen sich von der Regierung übergangen und forderten gegen die ohne jede Erklärung und Ankündigung eingebrachte Änderung eine Überprüfung im Gesundheitsausschuss. Die beiden Regierungsparteien lehnten dies jedoch ab. Begründet wurde dies mit Zeitdruck, seitens der ÖVP. Die Grünen wollen sich immerhin bemühen, die Kritikpunkte und Bedenken bis zum Plenum auszuräumen.