Das am Mittwoch im Ministerrat beschlossene „Sicherheitspaket“ der Regierung – krone.at berichtete – wird ohne weitere Begutachtung auf den Weg gebracht und soll schon im Sommer umgesetzt werden. Im Justizministerium verwies man darauf, dass das Bündel aus Überwachungsmaßnahmen (welches in seinen Grundzügen noch aus der Hand der Vorgängerregierung stammt) bereits in Begutachtung gewesen sei. Opposition, Provider und Datenschützer laufen gegen diese Pläne Sturm.
FPÖ-Innenminister Herbert Kickl hatte das von seinem Vorgänger Wolfgang Sobotka forcierte Paket noch im Sommer 2017 ein „Papier der Grässlichkeiten“ genannt. In einer Presseaussendung – hier finden Sie das Original – zog er Ende Juli Vergleiche mit dem Überwachungssystem der DDR und forderte Nachbesserungen. Mit der am Mittwoch präsentierten neuen Version zeigt sich Kickl nun allerdings zufrieden.
FPÖ weist „Umfaller“-Vorwürfe der SPÖ zurück
Vorwürfe durch SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder, man sei „umgefallen“ und falle den Bürgern mit der Unterstützung des Pakets in den Rücken, weist die FPÖ zurück. „Entweder hat er den Inhalt nicht gelesen oder er hat ihn nicht verstanden“, ließ FPÖ-Klubobmann Walter Rosenkranz Schieder ausrichten.
Keine Begutachtung mehr geplant
Das ÖVP-geführte Justizministerium erklärte am Mittwochabend, das Paket sei schon unter der vorigen Regierung in Begutachtung geschickt worden, eine weitere Prüfung sei somit nicht notwendig. Man habe in der aktuellen Version die vorliegenden Stellungnahmen sowie Expertenmeinungen einfließen lassen, das Paket entsprechend adaptiert und am Mittwoch im Ministerrat beschlossen.
NEOS sprechen von „absoluter Sauerei“
Der stellvertretende NEOS-Klubobmann Niki Scherak sprach in einer Stellungnahme von einer „absoluten Sauerei“. Es sei „vollkommen unverantwortlich“, ein Gesetz, das derart in die Grundrechte der Bürger eingreife, ohne Begutachtung durch das Parlament zu boxen. Privatsphäre und Grundrechte „dürfen nicht leichtfertig am Altar vermeintlicher Sicherheit geopfert werden“. Der Bundestrojaner zur Überwachung von WhatsApp und Skype sei teuer und missbrauchsanfällig. Anstatt sich für mehr Sicherheit im Internet einzusetzen, bewirke die Regierung das Gegenteil.
Dass auch noch in das Briefgeheimnis eingegriffen werden soll und vermehrt auf Kameras im öffentlichen Raum zugegriffen werde, zeigt für Scherak, „dass wir auf dem besten Weg in einen Überwachungsstaat sind“.
Der Innenminister wird damit zum Überwachungsminister“
Auch die Liste Pilz lehnt das Überwachungspaket ab. Insbesondere die Einführung des Bundestrojaners ist für Klubobmann Peter Kolba „nicht akzeptabel“. Er warnte in einer Aussendung nicht nur vor dem enormen Missbrauchspotenzial, sondern auch davor, dass mit diesen Information ein komplettes Profil der Handy-Besitzer erstellt werden könnte. Das wäre dann der viel zitierte „Gläserne Bürger“. „Der Innenminister wird damit zum Überwachungsminister.“ Der geplante Beschluss ohne Begutachtung bedeutet für Kolba eine „massiv unseriöse Husch-Pfusch-Gesetzgebung.“
Maßnahmen sollen im Juni in Kraft treten
Die Regierung lässt sich von solcher Kritik nicht beirren. Das Paket wird in den Nationalrat eingebracht und soll nach Regierungswunsch möglichst noch im ersten Halbjahr 2018 im Parlament beschlossen werden. Der Großteil der Maßnahmen soll mit 1. Juni in Kraft treten. Erst später – wegen notwendiger Vorbereitungsmaßnahmen – soll die Überwachung der verschlüsselten Nachrichten (etwa bei WhatsApp und Skype) starten, voraussichtlich im Jahr 2020.
IT-Experten und Datenschützer sind besorgt
Auch IT-Sicherheitsexperten und Datenschützer schlagen angesichts der geplanten Maßnahmen Alarm. Wieland Alge, Europa-Chef beim IT-Sicherheitskonzern Barracuda Networks, warnte etwa schon im vergangenen Sommer: Wenn der Staat zum Zwecke der WhatsApp-Überwachung Sicherheitslücken horte, um die Geräte der Zielpersonen mit Abhörsoftware zu infizieren, gefährde das indirekt – immerhin könnten auch Kriminelle die Lücken entdecken und ausnutzen – alle Handynutzer.
Provider: Fehlende Begutachtung „demokratiepolitisch bedenklich“
Auch die Internet Service Providers Austria (ISPA) finden die fehlende Begutachtung „demokratiepolitisch bedenklich“. Inhaltlich kritisierte ISPA-Geschäftsführer Maximilian Schubert, dass die Risiken deutlich höher seien als der zu erwartende Nutzen. Den geplanten „Quick Freeze“ lehnen die Internet-Anbieter ab, weil sie die zwölfmonatige Speicherung von Nutzerdaten auf Anordnung der Staatsanwaltschaft als versteckte Wiedereinführung der von Höchstgerichten gekippten Vorratsdatenspeicherung sehen. Und mit dem Bundestrojaner würden Sicherheitslücken bewusst offengehalten, was ein „immenses Sicherheitsrisiko“ darstelle.
Kritisch sieht man das geplante Überwachungspaket auch beim Datenschutzverein epicenter.works. Die Bürgerrechtsorganisation hat für Montagabend eine Demonstration vor dem Bundeskanzleramt angekündigt, um ihren Unmut über die geplanten Maßnahmen zu verdeutlichen.
Quelle .http://www.krone.at/