27. April 2020
38 Milliarden Steuergeld: Warum dürfen wir nicht wissen, wer Corona-Hilfe bekommt?
Die Regierung pumpt 15 Milliarden Euro in die Rettung von Firmen. Das ist nötig, um Arbeitslosigkeit zu verhindern. Was nicht nötig ist: Die Regierung verteilt die Gelder im Geheimen – ohne parlamentarische Kontrolle und ohne öffentliche Einsicht. Das ist fatal, schließlich sollte die Corona-Hilfe an Firmen nicht davon abhängen, ob sie gute Kontakte zum Kanzler und seinen Ministern haben.
Die Regierung verteilt gerade viel Geld, um die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise abzufedern. Insgesamt 38 Milliarden Euro – knapp die Hälfte des österreichischen Budgets. Gerade bei so großen Ausgaben ist Kontrolle entscheidend. Die Bevölkerung muss wissen, was mit ihrem Steuergeld passiert und wo es hinfließt. Es muss sichergestellt werden, dass wirklich jene Geld bekommen, die aufgrund der Corona-Krise in Not geraten sind und nicht die, die am besten das System austricksen können oder die besten Kontakte zur Regierung haben. Doch diese Transparenz fehlt vollkommen.
15 Milliarden werden ohne parlamentarische Kontrolle verteilt
Allein für die Liquiditätssicherung sind 15 Milliarden Euro aus dem Corona-Fonds vorgesehen. Verteilt wird dieses Geld von der Covid-19 Finanzierungsagentur (Cofag). Die Cofag wurde eigens für die Krise gegründet – als GmbH. Und daraus ergeben sich offene Fragen: Warum braucht es eine eigene neue Agentur, die Geld verteilt? Warum übernimmt diese Aufgabe nicht etwa das Finanzministerium? Warum gerade eine GmbH?
Die Cofag verteilt zwar viel Geld – einen Rechtsanspruch auf gewisse Leistungen, die an Kriterien gebunden sind, gibt es aber nicht. Wenn eine Firma keine Hilfe bekommt, hat es keine Möglichkeit, Einspruch zu erheben. Wer wieviel Geld bekommt, bestimmt die Cofag – und sie muss auch dem Parlament keine Rechenschaft ablegen. Der Grund dafür: Sie wurde als GmbH gegründet und ist damit der parlamentarischen Kontrolle entzogen.
Die Regierung verteilt also Milliarden Euro Steuergeld an Unternehmen, informiert aber nicht einmal die demokratisch gewählten Volksvertreter über Höhe und Empfänger.
Eigene GmbH, um ÖVP und Grüne zu versorgen
Ein weiterer „Vorteil“ der Cofag-Lösung: Mit der Gründung einer GmbH gibt es neue Posten zu besetzen. Natürlich hat die Regierung gleich zwei Geschäftsführer eingesetzt, um ÖVP und Grüne zu bedienen. Für die ÖVP sitzt Bernhard Perner in der Cafag. Er arbeitete von 2013 bis 2019 im Kabinett von verschiedenen ÖVP-Finanzministern. Sein Gegenüber ist Marc Schimpel – ehemaliger Klubmitarbeiter der Grünen, er war etwa im Team von Wener Kogler beim Hypo-Untersuchungsausschuss.
Echte Transparenz statt Scheinkontrolle
Den Cafag-Geschäftsführern wurde zwar ein Beirat zur Seite gestellt, der Kontrolle garantieren soll – der ist aber zahnlos. Zum einen weil er prinzipiell keine Entscheidungen verhindern kann, sondern nur aufschieben. Zum anderen, weil er erst bei Haftungen über 25 Millionen Euro informiert werden muss. Außerdem unterliegt der Beirat dem Bankengeheimnis und darf keine Auskünfte an die Öffentlichkeit geben. Ursprünglich hätte jede Parlamentspartei in diesem Gremium einen Sitz bekommen sollen – SPÖ, FPÖ und Neos lehnten aber aufgrund der kaum vorhanden Kontrollrechte ab. Stattdessen fordern sie einen Corona-Unterausschuss im Parlament, der der Opposition Einsicht in alle Ausgaben der Corona-Maßnahmen bringt. Bisher ist die Regierung nicht dazu bereit.
Corona-Ausschuss dringend nötig
Ein solcher Unterausschuss hätte den Vorteil, dass alle 38 Milliarden Euro und nicht nur die 15 Milliarden, die über die Cofag abgewickelt werden, vom Parlament kontrolliert werden können. An der Hilfe selbst würde sich wenig ändern – ÖVP und Grüne hätten ja noch immer ihre Regierungs-Mehrheit. Der einzige Unterschied: Das Parlament wüsste Bescheid, was mit den Steuergeldern der Bevölkerung passiert und Günstlingswirtschaft wäre schwerer möglich.
Eine andere Möglichkeit wäre eine öffentliche Datenbank, wo jeder von uns einsehen könnte, welche Firmen wieviel Förderungen, Kredite und Gelder erhalten haben. Schließlich müssen Regierung und Cofag bei der Vergabe von Geldern immer zwischen der Schaffung der nötigen Liquidität und dem sparsamen Umgang mit Steuergeldern abwiegen.
Warum vergibt die Wirtschaftskammer den Härtefallfonds?
Wirtschaftskammer Präsident Harald Mahrer bekommt die Informationen von tausenden Unternehmen. Bild: Franz Johann Morgenbesser
Doch nicht nur die Cofag ist eine seltsame Konstruktion, um intransparent Geld zu verteilen – am Parlament vorbei. Denn genau wie bei der Cofag stellt sich auch beim Härtefallfonds die Frage: Warum macht das nicht einfach das Finanzministerium? Schließlich haben die dortigen Beamten Erfahrung im Prüfen von Unternehmen und sowieso Zugang zu Steuerakten. Doch der Härtefallfonds für Selbstständige wird stattdessen von der Wirtschaftskammer verteilt. Auch hier gibt es keinen Rechtsanspruch auf Geldmittel. Dafür haben die Wirtschaftskammer und ihre Funktionäre plötzlich Zugang zu Tausenden Daten von Unternehmen in Not.
Die Wirtschaftskammer bekommt also alle Daten von jedem Unternehmen, dass Hilfe vom Härtefall-Fonds will – die Öffentlichkeit darf aber nicht einmal wissen, welchem Konzern Steuergeld überwiesen wird.