7. Mai 2020
Automatische Auswertung zur Zeit noch nicht erlaubt
Innenministerium mit Gesichtserkennungssoftware am Weg zur perfekten Überwachung?
Ein Schritt zur totalen Überwachung wie in China?
Eine parlamentarische Anfrage der NEOS ergab, dass das Innenministerium seit Ende vergangenen Jahres Gesichtserkennungssoftware einsetzt. Sie kann dabei auf einen Fundus aus 10 Millionen Bildern zugreifen, der unter anderem aus der Datenbank für Passbilder stammt. Zudem werden zwei „Analyseplattformen“ betrieben, die der „Vorbeugung gefährlicher Angriffe“ dienen. Der Einsatz von Gesichtserkennung ist umstritten.
Es handelt sich um einen Testbetrieb anhand aktueller Kriminalfälle, zu denen verwertbare Bilder aus Videokameras vorliegen. Diese werden mit der „Zentralen Erkennungsdienstlichen Evidenz“ abgeglichen. Dort werden alle Fotos von Personen gespeichert, die aufgrund eines früheren Kriminalfalles erkennungsdienstlich erfasst wurden. Der Abgleich muss manuell von einem Beamten ausgelöst werden, dieser Vorgang werde auch entsprechend protokolliert. In der ersten Testphase hat nur das Bundeskriminalamt Zugriff auf die Software. Bis Ende des Jahres sollen auch die Landeskriminalämter damit arbeiten.
NEOS warnten vor Verknüpfung mit weiteren Datenbanken
Die NEOS, welche die Anfrage eingereicht hatten, befürchten eine weitere Verknüpfung der Software mit den gut gefüllten Bilddatenbanken des Innenministeriums. Dort werden auch Systeme wie das Identitätsdokumentenregister verwaltet, in dem alle Passfotos abgelegt sind. Durch die Beantwortung der Anfrage wurde auch öffentlich, dass das Innenministerium zur „Vorbeugung gefährlicher Angriffe“ zwei Analyseplattformen betreibt. Die Gesichtserkennungs-Software kostete 448.813,20 Euro, es fallen laufende Wartungskosten an. Das System wurde von Atos IT Solutions and Services GmbH mit dem Subunternehmen Cognitec Systems GmbH zugekauft.
Ein Schritt zur totalen Überwachung wie in China?
China ist schon einige Schritte weiter. Dort sind viele Kamerasysteme automatisiert und mit Computern verbunden. Erkennen die Kameras Personen und weisen sie ihnen beispielsweise Fehlverhalten im Straßenverkehr nach, fließt das automatisch in das „Social Credit“ System ein. Zudem sollen künstliche Intelligenzen in China schon so weit sein, eine Person nach mehreren Schritten an ihrem charakteristischen Bewegungsmuster identifizieren zu können. Im Zuge der Aufweichung der Demokratie durch die Corona-Krise, ist es auch hierzulande vielleicht nur ein kleiner Spung in diese Zukunft. Vielleicht ist das ja das viel beschworene „neue Normal“.